Ärger im Paradies

EU fordert Sanktionen

Das Europäische Parlament hat die EU aufgefordert, gegen die Malediven wegen schwerer Verstöße gegen die Menschenrechte Sanktionen zu ergreifen. Dazu zählt ein Einfrieren der Entwicklungshilfe (in Hohe von 2 Millionen Euro) sowie ein Reiseverbot. „23 Jahre haben wir ignoriert“, heißt es in der Resolution, „dass die Malediven unter einer Diktatur leben.“ Das Touristenparadies wird seit 26 Jahren von Maumoon Abdul Gayoom regiert, der in den Augen der EU-Abgeordneten in diesem Inselparadies ein „brutales totalitäres Regime“ errichtet hat. Der Parlamentsentschluss folgt auf die Mission der in den Malediven akkreditierten (aber in Colombo stationierten) EU-Botschafter, welche diese im August unternommen hatten.

Anlass zu dieser Erkundungsreise waren die Demonstrationen gewesen, die am 13. August in der maledivischen Hauptstadt Malé stattgefunden hatten. Ironischerweise war es der Versuch Gayooms, in seiner sechsten Amtsperiode endlich Reformen einzuführen, welcher den Protesten entscheidenden Auftrieb gab. Er hatte am 10. Juni eine Verfassungsänderung angekündigt, die durch ein speziell bestelltes „Majlis“ (Parlament) durchgeführt werden sollte. Doch als dieses im Juli zusammentrat, insistierten einige Mitglieder erstmals auf dem von der Verfassung vorgesehenen Recht einer geheimen Wahl des Ratspräsidenten. Das war ein Signal für die unterdrückte Oppositionsbewegung. Noch bevor der Verfassungsrat am 16. August wieder zusammentreten konnte, gingen rund 3.000 Menschen auf die Straße, darunter erstmals auch Politiker und prominente Bürger. Die Protestbewegung ist aber auch das Resultat der erfolgreichen Tourismuspolitik Gayooms, die dem Land mit 300.000 Reisenden jährlich (die Zahl entspricht etwa der Gesamtbevölkerung des Landes) einen in der Region unerreichten Lebensstandard gebracht haben. Mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 2.170 Dollar liegen die Malediver weit über jenem der übrigen Länder Südasiens. Der Wohlstand hat zweifellos der Forderung nach politischen Freiheiten Auftrieb gegeben.

BERNARD IMHASLY