Garant für Katastrophen

Vor dem heutigen „Spitzenspiel“ der Basketball-Bundesliga gegen Alba Berlin steht RheinEnergie Köln am falschen Ende der Tabelle, und die Verantwortlichen sind ratlos

KÖLN taz ■ Auf den Werbeplakaten, mit denen Köln seit Wochen zugepflastert ist, hört es sich toll an: „Das Duell“ heißt es da. Und die Rede ist von „Basketballfieber“ in der Kölnarena. Gemeint ist die Bundesliga-Begegnung zwischen RheinEnergie Köln und Rekordmeister Alba Berlin am Samstagabend. Und tatsächlich werden sich das Spiel, das zeigt der Vorverkauf, mehr als 10.000 Menschen ansehen.

Dass sie alle wirklich an den angekündigten tollen Sport glauben, ist sehr unwahrscheinlich. Köln ist nach Niederlagen in allen drei bisherigen Spielen Vorletzter in der Tabelle, Alba hat in vier Partien auch schon zweimal verloren und liegt lediglich auf Platz acht. Nein, viele der Zuschauer werden bloß kommen, um eine weitere unterhaltsame Katastrophe zu erleben. Denn dafür bürgt im Moment der Name RheinEnergie Köln.

Die Dinge, die sich in dieser Woche bei dem rheinischen Basketball-Bundesligisten zutrugen, sind wirklich amüsant: Hier die Kurzfassung: Das Team von Trainer Stephan Baeck, mit etwa 3,5 Millionen Euro Jahresetat nach Berlin die zweitreichste Mannschaft der Liga, startete mit unglaublich schlechten Leistungen und Niederlagen in Braunschweig, gegen Hagen und in Gießen in die neue Saison. Natürlich geriet RheinEnergie, der selbst ernannte Alba-Jäger, dadurch in die öffentliche Kritik. Der Klub musste reagieren.

Im Fußball es in Mode gekommen ist, den Trainern in solchen Fällen Ultimaten zu stellen. So etwas Unschönes wollte „Deutschlands lustigstes Klub-Management“ (Kölner Stadt-Anzeiger) jedoch nicht tun. Stattdessen machte der Verein folgenden internen Vorgang publik: Stephan Baeck habe im Gespräch mit Manager Michael Mronz und dem Aufsichtsratschef Herbert Zimmer seinen Rücktritt angeboten. Dagegen habe sich jedoch die Mannschaft vehement gewehrt: „Wir werden als Team zusammen mit unserem Trainer alles dafür tun, dass schon kurzfristig sportliche Erfolge erzielt werden“, hieß es in einer Pressemitteilung, die alle Profis unterzeichnet hatten.

Wie schön, könnte man jubilieren: In diesen Zeiten des Werteverfalls solidarisiert sich eine Mannschaft geschlossen mit dem Trainer! Was für ein Akt gelebter Menschlichkeit! Doch anders als wahrscheinlich von dem pfiffigen Kölner Management geplant folgten herzlose Reaktionen. Denn es existiert da noch eine andere Version der Geschichte: So berichtete der Express, Manager Mronz habe nach Baecks Rücktrittsofferte Co-Trainer Veselin Matic übergangsweise zum Chefcoach machen wollen. Das habe der Mannschaft aber gar nicht gefallen. Einige Spieler wollten sogar kündigen. Und so hätten die Profis dem alten Trainer die Treue geschworen – und das kleinere Übel gewählt. Diese Variante klingt natürlich weitaus weniger rührend.

Die ohnehin angeschlagene Autorität des Trainers ist durch die Posse bestimmt nicht größer geworden ist. Seit der vergangenen Saison ist der 135-malige Nationalspieler Chefcoach in Köln, vorher war er Manager des Klubs. Die Nachfolge des zum FC Barcelona abgewanderten Übertrainers Svetislav Pesic trat er damals ohne Erfahrung in seinem neuen Job an. Bis heute hat Baeck es noch nicht einmal in Ansätzen geschafft, seine nach wie vor prominent besetzte Mannschaft so zu motivieren, wie es sein Vorgänger konnte.

Vor dem Alba-Spiel wirkt Baeck angegriffen und sagt Sätze wie: „Wir können und müssen gegen Berlin gewinnen. Wir wissen, dass es nicht leicht ist.“ Es war in den ersten drei Spielen der Saison vielmehr sehr leicht, Köln zu schlagen. Der Gegner musste dazu nur Forward C. C. Harrison, den einzigen Kölner Profi, der in Normalform spielt, ausschalten. Und schon war RheinEnergie geschlagen.

Nach der letzten Saison, in der Köln schon im Play-off-Viertelfinale in drei Spielen am späteren Vizemeister Bamberg gescheitert war, hatte es die Klubführung in der Hand, das vorhersehbare Debakel abzuwenden: Ganz elegant hätte der Verein Stephan Baeck wieder zum Manager machen und einen erfahrenen Chefcoach verpflichten können. Doch aus schwer verständlichen Gründen machte der Klub lieber mit Baeck als Trainer weiter. Auch das eine wirklich lustige Aktion des Kölner Managements.

CHRISTIANE MITATSELIS