Neuer Haftbefehl

Der türkischen Menschenrechtlerin Eren Keskin soll der Prozess wegen Beleidigung des Militärs gemacht werden

ISTANBUL taz ■ Am gestrigen Freitag wurde in Istanbul bekannt, dass gegen die Anwältin und Menschenrechtsaktivistin Eren Keskin rneut ein Haftbefehl erlassen worden ist. Eren Keskin ist allerdings derzeit noch frei und hat angekündigt, sich gegen den Haftbefehl juristisch zur Wehr setzen zu wollen.

Eren Keskin ist stellvertretende Vorsitzende des Istanbuler Regionalbüros des Menschenrechtsvereins IHD. Während der gesamten 90-er Jahre war sie Vorsitzende des Vereins in Istanbul und wurde dadurch eine der bekanntesten Menschenrechtsaktivistinnen der Türkei. Sie hat sich in dieser Zeit immer wieder vor allem für die Menschenrechte der Kurden eingesetzt. In dieser Zeit saß sie bereits einmal mehrere Monate im Gefängnis.

Vor zwei Jahren ist ihr die Zulassung als Anwältin für ein Jahr entzogen worden. Keskin wurde immer wieder durch Aktionen von amnesty international geschützt und erhielt erst kürzlich den Aachener Friedenspreis.

Nach ihrer Haftentlassung gründete sie zusammen mit anderen Anwältinnen in Istanbul ein Büro, an das sich Frauen wenden können, die in der Haft oder auf Militär- und Polizeistationen vergewaltigt oder sexuell belästigt worden sind. Die Anwältinnen erstatten Anzeigen gegen die jeweiligen Beamten und versuchen sie vor Gericht zu bringen. Insgesamt haben mit Hilfe des Büros mehr als 100 Frauen Anzeige erstattet. Allerdings ist es bislang noch zu keiner rechtskräftigen Verurteilung eines Soldaten gekommen.

In diesem Zusammenhang ist Eren Keskin mehrfach wegen Beleidigung der Sicherheitskräfte angezeigt und mit etlichen Verfahren überzogen worden. Der konkrete Fall geht auf eine Rede von ihr im Jahre 2001 in Köln zurück, in der sie Vergewaltigungen durch Militärangehörige allgemein angeprangert hatte. Weil sie in dem laufenden Verfahren nicht zum Prozess erschienen war, hat das Gericht nun einen Haftbefehl erlassen,um sie zwangsweise zum nächsten Prozesstag vorführen zu lassen. Jürgen Gottschlich