Die Ruhe nach dem Ultimatum

Das Ultimatum der Internationalen Atomenergiebehörde an den Iran ist abgelaufen. Es geschieht jedoch zunächst nichts. Die Behörde wertet die Anzeichen zur Zusammenarbeit im Iran positiv, hat aber noch viele Fragen an die Regierung in Teheran

von BAHMAN NIRUMAND

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed El Baradei, hat die Kooperationsbereitschaft der iranischen Regierung im Streit um das Atomprogramm Irans gewürdigt. „Auf den ersten Blick“ scheine der von Iran vorgelegte Bericht über sein Atomprogramm umfassend zu sein, sagte El Baradei am Donnerstag nach einem Treffen mit dem kanadischen Außenminister Bill Graham in Ottawa. Das Ultimatum der IAEA gegen Iran, sein Atomprogramm offen zu legen und das Zusatzprotokoll zum Atomsperrvertrag zu unterzeichnen, ist gestern abgelaufen. Vorerst will die IAEA keine weiteren Maßnahmen ergreifen.

Die iranische Regierung hatte mit den Außenministern Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens in Teheran vereinbart, den Forderungen der IAEA nachzukommen und ihr alle erwünschten Informationen zur Verfügung zu stellen, um jeden Verdacht auszuräumen, das Land würde am Bau von Nuklearwaffen arbeiten. Diesen Verdacht hatten insbesondere die USA und Israel gehegt.

Washington plant nach eigenen Angaben, im Falle der Weigerung Irans, mit der Atombehörde zu kooperieren, über den UN-Sicherheitsrat Sanktionen gegen das Land zu beschließen. Indes erklärte IAEA-Chef El Baradei in einem Interview mit der FAZ, Iran habe zwar eine ganze Reihe von Informationen vorgelegt, doch es gebe noch viele Fragen. „Wir sind noch nicht in der Lage, ein klares Urteil abzugeben“, sagte er.

Die Verzögerungstaktik Irans hat innenpolitische Gründe. Während die Reformer um Präsident Chatami für eine volle Kooperation mit der Atombehörde eintreten, lehnen die Konservativen jedes Zugeständnis ab. Die Unterzeichnung des Zusatzprotokolls, das unangemeldete IAEA-Inspektionen erlaubt, sei der Beginn desselben Spiels, das im Irak zum Krieg geführt habe.

Dieser Druck von rechts hat bereits zur Aufweichung der mit den Europäern getroffenen Vereinbarung geführt. Hasan Rohani, Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, erklärte: „Für uns ist nicht wichtig, was die Europäer wollen, sondern, dass wir auf der IAEA-Tagung im November unser Ziel erreichen.“ Er betonte: „Iran verfügt über Technologie zur Urananreicherung und wird sie nicht aufgeben.“

Allem Anschein nach versuchen nun die Konservativen um Exstaatspräsident Hashemi Rafsandjani, die Differenzen zwischen den USA, die Iran isolieren wollen und der EU, die auf dem Wege eines „konstruktiven Dialogs“ Reformen in Iran forcieren möchte, zu eigenen Gunsten zu nutzen. Dieser Strategie zufolge hat die iranische Regierung am Donnerstag den Vorschlag des US-Vizeaußenministers Richard Armitage abgelehnt, mit Iran über bestimmte Themen wie Irak, Afghanistan oder Kampf gegen Drogenschmuggel mit der Regierung in Teheran Gespräche zu führen. „Wir erwarten von Washington konkrete Schritte“, sagte Ramezanzadeh. „Man kann nicht auf der einen Seite einem Land mit Sanktionen drohen und sein Guthaben sperren und auf der anderen Seite Verhandlungen vorschlagen.“

Auch werde Iran Washington die angeforderten Informationen über die in Iran inhaftierten Mitglieder der Terrororganisation al Qaida nicht zur Verfügung stellen, betonte er. Washington hatte bereits zuvor Teheran mehrmals aufgefordert, die Mitglieder von al Qaida entweder an die USA oder an die Herkunftsländer auszuliefern. Außenamtssprecher Hamid Reza Assefi bezeichnete das als „abwegig“. „Die Al-Qaida-Mitglieder, die sich zurzeit in Iran in Haft befinden, werden in Iran vor Gericht gestellt und nach iranischen Gesetzen verurteilt“, sagte er.