Geschafft mit Gott, und dann?

ZÜRICH taz ■ Der 25-jährige Abraham* aus Eritrea hat es geschafft. Mit 26 Schicksalsgefährten war er in Libyen in ein Boot gestiegen und vier Tage später in Sizilien gelandet. „Ich habe viel gelitten. Jetzt will ich nach vorne schauen“, sagt Abraham. Er sitzt in einem Asylbewerberheim in Zürich und erzählt die Geschichte seiner Flucht.

Vier lange Jahre dient er in der eritreischen Armee, dann desertiert der Student und landet im Gefängnis. „Als Christ wurde ich dort misshandelt“, sagt Abraham. Der Gefängnisaufseher ist unachtsam, Abraham gelingt die Flucht. Nach drei Tagen Fußmarsch erreicht er die Grenze zum Sudan. Auch dort will er nicht bleiben: „Als Flüchtling hat man im Sudan keine Rechte“, meint er. „Zwei Monate später hatte ich die Weiterfahrt organisiert.“ Für 150 US-Dollar überquert er daraufhin mit 44 anderen Flüchtlingen auf der Ladefläche eines Toyotas die Sahara.

Nach sieben Tagen erreicht die Gruppe die libysche Hauptstadt Tripolis, zehn Monate später ergattert er einen von 27 Plätzen auf einem kleinen Holzboot mit 40-Watt-Motor. Mit etwas Brot und 40 Liter Wasser ausgerüstet legen sie im Schutze der Dunkelheit ab, um „das unbekannte Gute“ zu erreichen, wie Abraham sich ausdrückt.

Die See bleibt ruhig, nach drei Tagen kommt Land in Sicht: die Mittelmeerinsel Malta. „Plötzlich näherte sich uns ein großes Schiff, das offensichtlich im Namen der Regierung unterwegs war“, berichtet Abraham. Die 27 Afrikaner in ihrem Motorboot seien mit Benzin, Essen und Trinken versorgt und Richtung Sizilien geschickt worden, wo sie am folgenden Tag bei Syrakus die Küste Siziliens erreichten. Für einen von ihnen – einen Diabetiker – endete die Flucht tödlich.

Abraham hatte gehört, dass Flüchtlinge in Italien schlecht behandelt würden. Er will weiter: „Ich war mir sicher, dass man in der Schweiz, wo die UNO ihren Sitz hat, meine Situation verstehen wird.“ Er kauft sich eine Zugfahrkarte, ein Sudanese organisiert ihm den Grenzübertritt bei Chiasso in die Schweiz. Dort angekommen begibt er sich direkt in die Kirche – wo ihn die Polizei aufgreift. Der Frage, ob sich seine Erwartungen an die Schweiz erfüllt haben, weicht Abraham aus. Einziger Halt ist sein Glaube: „Gott hat mir geholfen. Er wird mir auch in Zukunft beistehen.“

FLORIAN BLUMER

* Name von der Redaktion geändert