OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Mit „Aprile“ knüpfte Nanni Moretti 1998 nahtlos an den Erfolg von „Liebes Tagebuch“ (1994) an. Auch hier stellt der Regisseur sich und seinen Blick auf die italienische Gegenwart in den Mittelpunkt eines filmischen Tagebuchs: Moretti verbindet das Private mit dem Beruflichen und Politischen und erzählt mit leichter Hand von allerlei Hoffnungen und Frustrationen. Im Privatleben dreht sich alles um die Schwangerschaft seiner Frau, die Arbeit kommt derweil nicht voran: Das Musical um die Sorgen eines trotzkistischen Konditors beendet der Regisseur noch vor der ersten Klappe. Dann vielleicht doch lieber eine Dokumentation über die politische Situation in Italien drehen. Und da erscheint „Aprile“ dann gar nicht mehr komisch: Neben dem Ärger über Berlusconi und dessen Verquickung von Medienmacht und Politik geht es unter anderem um die rechtsgerichtete Lega Nord, die auf einer erschreckenden Veranstaltung die Unabhängigkeit des Phantomstaats Padanien verkündet, und um albanische Flüchtlinge, die mittellos irgendwo in der Poebene eintreffen. Abseits seiner amüsanten Selbstbespiegelung gelingt Moretti ohne erhobenen Zeigefinger eine Bestandsaufnahme der politischen und sozialen Spannungen im Italien der 1990er-Jahre.

Am 12. September 1960 kamen die britischen Fernsehzuschauer in den Genuss einer neuen Agentenserie. „Danger Man“ John Drake löste seine kniffeligen Fälle im Auftrag der Nato und kam dabei in der Welt ganz schön herum. Für die Rolle des Agenten hatte man Patrick McGoohan gewonnen, der sich für seine Figur vor allem zwei Dinge ausbedungen hatte, die zum Markenzeichen der Serie wurden: Drake verplemperte keine Zeit mit Liebesszenen und wandte nur im Notfall Gewalt gegen seine Gegner an. Und es ist wirklich schön zu sehen, wie sorgfältig diese TV-Filme damals gemacht wurden, in denen es stets ohne Umschweife zur Sache geht, und wie McGoohans Charakterisierung des Agenten (ironisch und kurz angebunden) später in „The Prisoner“ (Nummer sechs) wiederkehrt, jener extravaganten Serie, die der Schauspieler mit einem Teil des Stabes nach dem Ende von „Danger Man“ drehte: In den ab September 1967 ausgestrahlten 17 Folgen verkörpert McGoohan nunmehr einen ehemaligen Agenten, der in ein pittoreskes, jedoch totalitär beherrschtes Örtchen entführt wird, aus dem es trotz aller Versuche kein Entrinnen gibt. Immer wieder entspinnen sich zwischen der neuen Nummer sechs und den wechselnden Leitern dieser Örtlichkeit bitterkomische Psychoduelle, die jedoch keine wirklich rationale Erklärung finden. Bei den zeitgenössischen Zuschauern sorgte McGoohans avantgardistische Allegorie auf das Gefängnis von Seele und Verstand jedenfalls für reichlich Verwirrung.

Der Film zur Wirtschaftskrise: In Jean Renoirs Tragikomödie „Le crime de M. Lange“ (1936) bringt ein Schriftsteller zum allgemeinen Wohlgefallen seinen zynischen und ausbeuterischen Verleger um; die Angestellten führen den Verlag sodann als erfolgreiche Kooperative weiter. Zur Nachahmung ist dies nur bedingt empfohlen, zum Ansehen aber in jedem Fall. LARS PENNING

„Aprile“, 5. 4., im Babylon Mitte

„Danger Man“, „Nummer 6“, 3. 4., im Z-inema

„Le crime de M. Lange“ (OmeU), 6.–7. 4., im Arsenal 2