Auf dem grünen Sofa

GAL-Parteitag: Landesvorstand um Anja Hajduk geschlossen wiedergewählt. Schwarz-grüne Option findet keine große Zustimmung. Fraktionschefin Christa Goetsch attackiert den Bürgermeister

Als Krista Sager in ihrer Eigenschaft als grüne Fraktionsvorsitzende im Bundestag die Segnungen der Berliner Regierungspolitik zu preisen anhob, fing im Saal ein kleines Baby laut an zu schreien und war kaum mehr zu beruhigen. Doch das war fast der einzige Misston bei der Mitgliederversammlung der GAL am Samstag. Der Landesvorstand um Anja Hajduk und Stellvertreter Jens Kerstan wurde geschlossen wiedergewählt, und der Leitantrag zur Verkehrspolitik überstand die Debatten auch annähernd unbeschadet.

75 von 78 gültigen Stimmen pro Hajduk, zwei Voten für den kurzfristig als Gegenkandidat angetretenen GAL-Veteranen Friedrich-Wilhelm Merck: Die Landesvorsitzende sitzt fest im Sattel und wird auch weiterhin als Bundestagsabgeordnete von Berlin aus den Landesverband leiten. Kerstan bekam bei seiner Wiederwahl dagegen ein paar Schrammen ab: Er vereinigte ohne Gegenbewerber lediglich 51 von 82 Stimmen auf sich.

Nachdem sich zuvor in der Aussprache zur aktuellen politischen Situation mehrfach Unmut über die rot-grüne Regierungspolitik geregt hatte, unterließ Hajduk in ihrer Bewerbungsrede denn auch jeglichen Rekurs auf den Bund, sondern schoss sich mehr auf Hamburgs CDU und ihren Bürgermeister ein: „Das Programm Ole, das die CDU allein hat, ist kein Programm für Hamburg“, sagte sie.

Die kämpferischere Rede hatte zuvor Fraktionschefin Christa Goetsch gehalten, die der Senatspolitik das Etikett „Alles Schein, alles Lüge“ verpasste. Der Rechts-Senat habe „die soziale Struktur der Stadt verfrühstückt“, nahm sie Formulierungshilfe bei Ronald Schill und verwies auf die Verantwortung des Bürgermeisters: Es könne nicht angehen, dass der Senat schlechteste Noten für seine Politik erhalte, „Ole von Beust dagegen überhaupt keinen Schaden nimmt, weil er sich nicht die Finger schmutzig macht“. Die Opposition müsse sich „dem hohen Ansehen von Beusts in der Stadt stellen“.

Goetsch nahm auch zum Thema Schwarz-Grün Stellung, das der Altonaer Bezirkspolitiker Matti Lembke in einem taz-Interview zum Wochenende aufgebracht hatte. „Über mögliche Koalitionen zu spekulieren, bringt uns gar nichts“, sagte sie, wollte aber „keine Denkverbote aussprechen“. Gegenwind kassierte Lembke in der anschließenden Debatte: „Wenn sich die CDU überall verändern würde, dann wäre sie wohl ein möglicher Koalitionspartner“, ironisierte die Bürgerschaftsabgeordnete Heike Opitz und fasste zusammen: „Wenn die Kuh Räder hätte, wäre sie ein Auto.“ Und die frühere Parteichefin Kordula Leites fragte sich, was das für ein Signal sei, nach zwei Jahren Schwarz-Schill so eine Diskussion zu entfachen: „Das könnte den Eindruck erwecken, wir finden ganz gut, was die CDU in dieser Stadt macht.“

Kritik am Erscheinungsbild der GAL übte der frühere Umweltsenator Alexander Porschke. Er habe nach der Senatskrise im Sommer Anstrengungen der GAL vermisst, Neuwahlen zu fordern: Während die SPD ihre Neuwahlbemühungen glaubwürdig vermittelt habe, sei die „GAL auf ihrem Sofa sitzen geblieben“. PETER AHRENS