Sensibel gewuchert

Moderner Männergesang: „Takt 16“ in der Friedenskirche

Männer vor zum Männerchor! Lange musste einem bei diesem Ruf grausen. Unten war selbstgefällige „Schwärze“, oben fies Geknödeltes zu erwarten, insgesamt ein akustischer Testosterontaumel zum Weglaufen. Ein Glück also, dass man am Samstag zu „Takt 16“ hinlaufen konnte, einem Männerchor der anderen Art aus Hannover.

Mit „Traummänner – Männerträume“ hatten die 17 Sänger ein Programm in die gut gefüllte Friedenskirche importiert, das explizit um maskuline Gefühlszustände kreist. Da gibt es zur Schau gestellte Kernigkeit in Sauflied- und Flamencoadaptionen, Abbas „Mamma mia“ oder das verhaltenspsychologisch wertvolle „Fifty ways to leave your lover“ nach Paul Simon. Insgesamt ein crossoverndes Renaissanceromantikrockpoprepertoire, das den Hannoveranern als Vorlage für den gut choreografierten Chorgesang diente.

Denn: Neben dem Singen spielen sie auch – Cowboy, BluesBrothers oder Freibeuter (in einem Arrangement von „Hey, hey, hey, kleiner Pirat“ nach den „Rodgau Monotones“), nicht mal der Sandmann fehlt. Weil der moderne Mann vor allem eines ist: vielschichtig. Was auch bedeutet, dass dem (durchaus weiblich dominierten) Publikum sämtliche Geschmacksrichtungen geboten wurden. Man sah den Langhaardjango, das Beatlesgesicht, den hüftgepolsterten Genießer, auch den Sensiblen ohne Haare. Schließlich hört das Auge mit.

Heutzutage dürfen Traummänner auch Fehler machen – eine Chance, die die Jungs von „Takt 16“ nur in Maßen nutzten. Womit die Hannoveraner bewiesen: Es lohnt sich, die traditionsstarrste aller Musikformationen – getoppt höchstens vom Fanfarenzug – neu zu beleben.

Denn eine Qualität hat Männergesang allen Mischchören voraus: Die Homogenität gleich gebauter Kehlen. Und mit diesem Pfund sensibel zu wuchern, im breit aufgefächerten Klang zu schwelgen, ohne ihn zu forcieren – das gelang „Takt 16“ immer wieder. Männer vor zum Männerchor! HB