unterm strich
:

Mit einem Besucherrekord schloss gestern die Kunst-Biennale in Venedig. Bis zum vergangenen Donnerstag hatten nach Auskunft der Organisatoren fast 248.000 Menschen die Schau im Arsenale und in den Giardini della Biennale besucht – 15 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren und damit ein neuer Rekord. Seit Juni zeigte die von Francesco Bonami (47) verantwortete Biennale unter dem Titel „Träume und Konflikte: Die Diktatur des Zuschauers“ Werke von 380 Künstlern aus über 60 Ländern. Der Besucherstrom konnte jedoch nicht über die kritischen Stimmen hinwegtäuschen. Viele fanden den Mix aus Bildern, Videos und Installationen zu unübersichtlich und inhaltslos.

Auch in Köln ging eine Biennale zu Ende: die ihrem Namen zum Trotz jährlich stattfindende Kunstfilm-Biennale. Im Internationalen Wettbewerb wurden rund 50 Filme aus den Jahren 2001 bis 2003 gezeigt, die den Veranstaltern zufolge „einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand des narrativen, experimentellen und dokumentarischen Künstlerfilms“ geben sollten. Die Retrospektive galt dem 1944 in Paris geborenen Fotokünstler, Filmemacher und Schriftsteller Alain Fleischer, der in seinen Arbeiten systematisch die Trennlinien von Kunst und Kino, Wort und Bild, Fiktion und Dokumentation überschreitet.

Und schließlich gingen gestern die auf skandinavisches und baltisches Kino spezialisierten Nordischen Filmtage Lübeck zu Ende. Am Samstag präsentierte die agdok (Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm) auf diesem Festival die Veranstaltung „From ‚direct cinema‘ to ‚dogumentary‘“. „Direct cinema“-Altmeister Richard Leacock gab einen Überblick über sein Schaffen und diskutierte mit dänischen und deutschen Filmemachern über Erneuerungen im internationalen Dokumentarfilm. Besonders intensiv setzte sich Leacock in Lübeck mit den neuen Regeln für Dokumentarfilme auseinander, die die Regisseure der „Dogma“-Bewegung aufgestellt haben. Teils offen, teils unbewusst beziehen sie sich dabei auf Leacock und das direct cinema. Entsprechend den „Dogma 95“-Regeln für Spielfilme soll beim „Dogumentarism“ die Manipulation von Ton und Bild ebenso verboten sein wie der Gebrauch von versteckten Kameras. Die Absicht des Regisseurs muss am Anfang des Films deutlich formuliert werden, und jeder Ort soll durch einen Insert kenntlich gemacht werden. Das Ziel besteht darin, den Dokumentarfilm vom Ballast der dramaturgischen und technischen Möglichkeiten zu befreien. In den nordischen Ländern werden zurzeit mehrere Filme gedreht, die die neuen Regeln berücksichtigen.