DIE UNION MUSS KLARSTELLEN, DASS SIE KEINEN RASSISMUS DULDET
: Hohmann muss gehen

Es gibt einiges, wofür sich die antisemitischen Äußerungen des hessischen CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann nicht eignen: als Vehikel, um einen parteiinternen Machtkampf auszutragen, beispielsweise, oder als Anlass für feinsinnige Analysen, wer auf wen innerhalb der CDU welche Rücksichten nehmen muss und warum. All das interessiert in diesem Zusammenhang überhaupt nicht. Das Einzige, was interessiert: Ob und wie schnell es der Union gelingt, diesen Abgeordneten aus Partei und Fraktion auszuschließen. Die halbherzige, offenkundig erzwungene Entschuldigung von Hohmann ändert daran gar nichts. Sie macht die Angelegenheit schlimmer, nicht besser. Seine trotzigen Einlassungen unterstreichen nur, dass er glaubt, sich nichts vorwerfen zu müssen.

Rassisten und Idioten gibt es überall. Aber wenn in einer deutschen Volkspartei das Gefühl dafür verloren gegangen sein sollte, dass ein Antisemit sie nicht repräsentieren kann, dann wäre das eine dramatische Entwicklung. Man möchte das wirklich nicht glauben müssen. Deshalb ist es unbegreiflich, dass der hessische Ministerpräsident tagelang schweigt und andere CDU-Politiker lediglich fordern, Hohmann möge bestimmte Funktionen innerhalb der Fraktion aufgeben oder ihm vorwerfen, das Verhältnis zu Israel beschädigt zu haben. Es geht nicht um Israel, es geht nicht um einzelne Funktionen. Die CDU muss klarstellen, dass sie keine Antisemiten in ihren Reihen duldet. So einfach ist das – und so schwer kann das doch nicht sein.

Die Ausfälle von Hohmann eignen sich allerdings auch nicht für ein Gerichtsverfahren. Das Problem ist ethischer, nicht juristischer Natur. Nicht alles, was erlaubt ist, ist moralisch zulässig. Es ist durchaus möglich, dass ein Richter feststellt, der Tatbestand der Volksverhetzung sei nicht erfüllt. Ein solcher „Freispruch“ wäre Wasser auf die Mühlen der Gesinnungsgenossen des Abgeordneten. Der Wunsch nach objektiver, unangreifbarer Verurteilung antisemitischer Äußerungen ist verständlich. Aber riskant. Die Beleidigten sollten der Versuchung widerstehen. BETTINA GAUS