Opel macht Landespolitik hilflos

Wirtschaftsexperten aller Parteien halten den Niedergang der Bochumer Opel-Werke für eine „Katastrophe für das Ruhrgebiet“. Konkrete Hilfe können sie nicht bieten, raten aber zu Besonnenheit

VON ANDREAS WYPUTTA

Selten zeigt sich Politik hilfloser: Während mit den drei Bochumer Opel-Werken einer der industriellen Kerne des Ruhrgebiets auf der Kippe steht, üben sich Wirtschaftspolitiker aller im Landtag vertretenen Fraktionen in Durchhalteparolen. Wie bereits NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück und Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement fordern auch die wirtschaftspolitischen Sprecher von CDU und FDP, Christian Weisbrich und Gerhard Papke, ein Ende der Arbeitsniederlegungen in den Bochumer Fabriken. „Das schadet Opel insgesamt“, ist der Wirtschaftsliberale Papke überzeugt. „Klassenkampfmethoden“ nützten jetzt wenig – nötig seien vielmehr „konstruktive Verhandlungen“ des Betriebsrats mit dem Detroiter Management des Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM).

Ähnlich desillusioniert gibt sich auch der CDU-Wirtschaftsfachmann Christian Weisbrich. Zwar äußert er wie Papke „großes Verständnis“ für die Arbeitsniederlegungen, mit denen die Bochumer Belegschaft die vom Teilenachschub abhängigen restlichen Opel-Werke in ganz Europa still legen kann. Dennoch müssten die Opel-Arbeiter langfristig denken: „Vielleicht gibt GM nach einer gewissen Streikzeit sogar nach. Aber dann wird in der Folgezeit die gesamte Produktionskette umstrukturiert“, warnt Weisbrich – die Opelaner müssten auch „an Folgeaufträge denken“. Im Klartext: Die „streik- und streitlustige Belegschaft“ könnte die Abneigung der Detroiter Zentrale gegen ihren Standort im Revier noch erhöhen.

Dabei zeigt der Produktionsausfall, der das Unternehmen bereits jetzt rund 60 Millionen Euro täglich kosten soll, erste Wirkungen: Am Wochenende sind Fritz Henderson, Europa-Chef von General Motors, und Aufsichtsratschef Carl-Peter Forster erstmals von ihrer kategorischen Forderung nach Werksschließungen abgerückt. Dennoch will sich auch von Seiten der rot-grünen Koalition niemand direkt zu mehr Druck auf den Weltkonzern bekennen. Zwar „unterstützt die grüne Landtagsfraktion die Beschäftigten in Bochum bei ihrem Einsatz für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze“, so der parlamentarische Geschäftsführer Johannes Remmel. Zu weiteren Arbeitsniederlegungen aber will der grüne Wirtschaftsexperte Rüdiger Sagel nicht aufrufen: „Es ist nicht Aufgabe der Politik, jetzt Anweisungen an Belegschaft und Betriebsrat zu richten.“ Immerhin reisen beide zum heutigen Aktionstag der IG Metall an – die Gewerkschaft erwartet mehr als 10.000 Menschen, die für die Sicherheit der Arbeitsplätze demonstrieren wollen.

Ähnlich laviert auch Nordrhein-Westfalens Minister für Wirtschaft und Arbeit, Harald Schartau. Er habe „die Belegschaft nie aufgerufen, die Arbeit wieder aufzunehmen“, so Schartau zur taz – bei einem Werksbesuch am Wochenende war der Landesvorsitzende noch mit „Schartau raus“-Rufen empfangen worden. Konkrete Hilfe kann aber auch er nicht bieten. „Die Probleme wurden ausschließlich im Unternehmen verursacht. Deshalb können wir nicht mit Geld helfen“, stellt Schartau klar – multinationale Unternehmen unterstütze die Landesregierung „sowieso nicht“ mit zusätzlichen Subventionen. Verantwortlich für den Produktionsausfall sei die schlechte Informationspolitik des Managements: „Das Problem ist doch, dass kein Verantwortlicher in Bochum den Rücken hinhält. Die Menschen werden nur aus der Ferne informiert.“ Konkrete Gespräche zwischen der Landesregierung und dem GM-Management gebe es aber auch nicht, sagt der Minister – und erhält dabei sogar die Unterstützung des Christdemokraten Weisbrich: „Was kann man mehr tun, als Vermittlung anbieten. GM ist ein weltweit operierendes Unternehmen. Die reden, mit wem sie wollen.“