Abkehr vom Gangsta-Rap

Dakars HipHop-Aushängeschild Daara J besinnt sich auf die senegalesischen Roots und damit auf die Vorformen des Rap. Im Oktober ist das Trio hierzulande auf Tour

Kritik an den politischen und ökonomischen Verhältnissen ist nicht alles

Als Daara J ihre ersten musikalischen Gehversuche machten, orientierten sich die drei Rapper aus Dakar noch stark am Sound US-amerikanischer Vorbilder wie Public Enemy und Grandmaster Flash. Das hat sich inzwischen geändert. Längst stehen die eigenen Roots im Vordergrund, und selbstverständlich singen Daara J in der eigenen Sprache, in Wolof. Und damit sie auch im Ausland verstanden werden, wird auch in Französisch und bei Bedarf in Englisch oder Spanisch gerappt.

Zwischen 5000 und 8000 Bands zähl Dakars HipHop-Szene, und Daara J sind so etwas wie das Aushängeschild. Dancehall, Funk, Soul und Reggae verschmelzen Faada Freddy und seine beiden Mitstreiter N‘Dongo D und Aladji Man mit senegalesischen Gesangsstilen wie Tasou und Tebetoul, die für sie ohnehin so etwas wie afrikanische Rap-Vorläufer sind. Für Daara J eine Möglichkeit, sich vom Gangsta-Rap made in the USA abzusetzen. „Was sollen wir über halbnackte Mädchen singen, die über die Bühne tanzen?“, fragt Faada Freddy und gibt gleich die Antwort: „Das hat nichts mit unserer Realität zu tun.“

Die Realität im Senegal, das sind Korruption und Arbeitslosigkeit, und darauf beziehen sich Daara J in ihren Lyrics. Doch Kritik an den politischen und ökonomischen Verhältnissen ist nicht alles. Daara J wollen nicht polarisieren, sie wollen Mut machen und Hoffnung säen, sagt Faada Freddy. Ein hoher Anspruch.

1994 machten Daara J erstmals mit einem Tape auf sich aufmerksam, das unter verschiedenen Titeln kursierte und in dem es vor allem um den Stellenwert der Religion im Senegal ging. Das Tape, von dem über 15.000 Kopien verkauft wurden, ebnete den Weg nach Paris, wo sie 1996 gemeinsam mit dem Reggae- und Dub-Produzenten Mad Professor im Studio waren. Zwei Jahre später folgte mit Xalima das zweite Album, in dem sie sich mit der Sklaverei und der schwarzen Diaspora auseinander setzten.

Boomerang, das im Frühjahr erschienene dritte Album, nimmt diesen Faden auf. Es steht für die lange Reise der afrikanischen Musik, sagt Faada Freddy, die mit den Sklaven nach Amerika und über Europa in Gestalt des HipHop wieder zurück nach Afrika kam. Auch eine Möglichkeit, die Dinge zu betrachten.

Der Sound von Daara J ist ausgesprochen melodiös, und so leicht lässt er sich nicht einordnen. „Esperanza“, ein Stück aus dem neuen Album, das von Manu Chao-Kumpel Sargento García produziert wurde, klingt zum Beispiel stark nach Kuba, doch das ist für Daara J vollkommen normal. Die Rapper wuchsen mit dem Sound von Youssou N‘Dour und dem Orchestra Baobab auf, und der ist schließlich auch kubanisch gefärbt. Dennoch sind es die afrikanischen Rhythmen, die auf Boomerang überwiegen.

Mehrere Monate führte das Album die World Music Charts an. Ein Erfolg, der der Rap-Community in Dakar internationale Aufmerksamkeit bescheren sollte, hofft Faada Freddy. Viele der talentierten Bands dort haben keinerlei Aufnahmemöglichkeiten, und eines der erklärten Ziele von Daara J ist es, ein eigenes Label zu gründen. Doch erst mal tourt das Trio mit seinem groovigen Rap durch Norddeutschland.

Knut Henkel

24.10., 21 Uhr, Hamburg, Fabrik; 26.10., 20.30 Uhr, Oldenburg, Kulturetage; 27.10, 20.30 Uhr, Bremen, Schlachthof; 28.10., 22 Uhr, Hannover, Faust