hello, dolly
: Die phantastische Raute

Es gab Zeiten, da schien HSV-Sportchef Dietmar Beiersdorfer einen Sprung in der Platte zu haben. Immer wieder dudelten die Worte Raute, Nachwuchsarbeit und Nachhaltigkeit aus seinem Mund. Er hängte Bilder aus glorreichen Zeiten ins Nachwuchszentrum und sah die Welt aus einer salmiförmigen Brille. Vor lauter Identifikationsvisionen übersah Beiersdorfer die feinen Unterschiede zwischen dem Aufbau einer funktionierenden Jugendarbeit und den Problemen, die bei den Profis immer wieder aufbrachen.

kommentarvon Oke Göttlich

Hamburgs Edelkicker aber ließen sich nicht so leicht mit dem Verein verheiraten, wie es sich der Ex-Verteidiger gewünscht hatte. Als die Probleme in einer Niederlagenserie mündeten, musste sich der nach Langfristigkeit sehnende Sportchef plötzlich einen Nachfolger für den entlassenen Trainer Kurt Jara suchen. Einen besseren als Klaus Toppmöller fand er nicht.

Bereits damals riet Beiersdorfer Ex-Profi Thomas Doll, sich noch ein Jahr zu gedulden. Hier lag das große Missverständnis des Vorstands: Er gab einem Trainer den Zuschlag, der niemals mit der Authentizität in dem Verein arbeiten konnte, die von ihm erwartet wurde.

Doll nutzte dieses Jahr zum Sammeln von Erfahrungen bei der Amateurmannschaft. Insofern ist die jetzige Entscheidung für den Dribbelgott der frühen 90er Jahre die konsequente Fortsetzung einer Idee, die Beiersdorfer seit Jahren umtreibt: Die totale Verrautung des HSV.

Wenn Doll nun aber ebenfalls patzen sollte, scheitert die gesamte Vereinsführung. Und Beiersdorfer entpuppt sich nicht als Visionär, sondern als Phantast.