Ohne Kopftuch, aber mit Ansprechpartnerin

Rot-Rot bringt „Antidiskriminierungs- und Integrationsfördermaßnahmen“ ins Parlament ein. Sie sollen eine Stigmatisierung von Muslimen verhindern. SPD hat sich damit Zustimmung der PDS zum Kopftuchverbot erkauft

An allen Schulen soll es künftig eine Lehrerin geben, die Ansprechpartnerin speziell für Mädchen mit Migrationshintergrund ist. Die Sachbearbeiterinnen auf den Jugendämtern sollen im Umgang mit Zwangsverheiratungen geschult werden. Familienberater sollen im Erkennen von religiösen Alltagskonflikten qualifiziert werden. Das sind drei Beispiele aus dem Paket „Antidiskriminierungs- und Integrationsfördermaßnahmen“, die die rot-rote Koalition in der kommenden Woche ins Parlament einbringen will.

Darin wird der Senat aufgefordert, einen „Aktionsplan Integrationschancen für zugewanderte Frauen und Mädchen“ zu erarbeiten und umzusetzen. Beim Integrationsbeauftragten Günter Piening soll eine Antidiskriminierungsstelle entstehen. Unter Mitarbeit der Verwaltung, der Universitäten und der Religionsgemeinschaften soll ein Arbeitskreis „Islam und Schule“ eingerichtet werden. Dieser soll unter anderem praktikable Lösungswege für alltägliche Konflikte finden wie das Fernbleiben muslimischer Schülerinnen vom Sportunterricht oder Konflikte unter den Schülern. Außerdem sollen die LehrerInnen in Sachen Islam fortgebildet werden.

Das Paket wird in der kommenden Woche gemeinsam mit dem so genannten Neutralitätsgesetz in das Abgeordnetenhaus eingebracht. Letzteres untersagt Mitarbeitern in Schulen, bei der Polizei und der Justiz das Tragen religiöser Symbole wie Kopftuch, Kippa oder Kreuz. „Ohne das Maßnahmenpaket hätte es das Gesetz nicht gegeben“, betont PDS-Innenexperte Udo Wolf. Die PDS hatte sich lange gegen ein „Kopftuchgesetz“ gesträubt. Das Maßnahmenpaket soll nun ein deutliches Zeichen gegen die Stigmatisierung hier lebender Muslime setzen.

Diese bereitet dem Landesintegrationsbeauftragten Piening „sehr, sehr große Sorgen“. Besonders kopftuchtragende Mädchen hätten große Schwierigkeiten, eine Ausbildungsstelle oder einen Job zu finden. Dieses Problem soll einer der Schwerpunkte der Antidiskriminierungsstelle werden. Die soll mehr tun, als Einzelfällen nachzugehen, betont Piening: „Wo sich Fälle häufen, muss nach strukturellen Lösungen gesucht werden.“ Der Integrationsbeauftragte geht davon aus, dass er für die Antidiskriminierungsstelle „personelle Verstärkung“ erhält. Eine Zusage dafür gibt es aber noch nicht. Ansonsten sei alles gut vorbereitet. „Wenn wir grünes Licht vom Senat bekommen, kann die Antidiskriminierungsstelle loslegen.“ SABINE AM ORDE