PR durch die Blume

Wenn die Industrie „Journalistenpreise“ auslobt, wird Berichterstattung schnell mal zur Hofberichterstattung

Nachhaltigkeit ist ein Begriff aus der Forstwirtschaft. Dort meint er, verkürzt gesagt, dass nicht mehr Holz geschlagen werden darf, als nachwachsen kann. Damit soll ein knappes Gut in seiner Quantität und Qualität bewahrt werden. Journalistenpreise sind auch so ein Gut, wenn auch kein knappes mehr. Wodurch die Funktion dieser Preise, eigentlich ein Mittel der Qualitätssicherung, ausgehöhlt wird. Den aktuellen Beitrag hierzu liefert das Forum für Nachhaltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft, econsense.

Mit BMW nach Südafrika

Man hätte sich gewünscht, dass econsense sich der ursprünglichen Bedeutung von Nachhaltigkeit bei der Auslobung ihres Journalistenpreises erinnert hätte. Ja, liebe Leute von econsense, so etwas wie Nachhaltigkeit gibt es auch im Journalismus. Der Verein, in dem etliche deutsche Unternehmen eingetragen sind, hatte einen Preis ausgeschrieben „zur Förderung der Berichterstattung über Nachhaltigkeit in deutschen Unternehmen“.

Hört sich diese Formulierung ohnehin schon etwas unglücklich an, so wird es erst recht zweifelhaft, wenn man sich die Rolle des Automobilkonzerns BMW anschaut: Ein Gesandter von BMW saß in der Jury und die Firma spendierte zudem einen der Preise: eine Informationsreise nach Südafrika. Brisant wird es vor allem deshalb, weil ein Artikel ausgezeichnet wurde, der sich mit dem Münchener Autobauer auseinander setzt. Und das eher belobigend als kritisch.

Bei „econsense“ findet man diese Interessenvermischung nicht so schlimm. Auf die Frage, ob Nachhaltigkeit im Journalismus nicht auch etwas mit Unabhängigkeit zu tun habe, wiegelt die Pressesprecherin Carolin Boßmeyer ab, „das sei kein Problem“. Und rein „zufällig“ sei ein Text ausgezeichnet worden, der sich einem Mitgliedsunternehmen widmet: „Die Jury war keineswegs tendenziös“, bemüht sich Boßmeyer den Vorfall herunterzuspielen.

Den Gewinnern dürfte das egal sein, die befinden sich möglicherweise schon auf ihrer Reise, die zusätzlich zum Preisgeld spendiert wurde. Dass diese Flüge in Richtung Südafrika (gesponsert von BMW) und die Tschechische Republik (VW) starteten, ist sicher auch nur Zufall. Sind ja beides schöne Länder.

Mit VW nach Tschechien

Oder wo haben die Autokonzerne noch mal Niederlassungen? Da lässt sich doch vor Ort noch eine Recherche nachlegen. Wenn Unternehmen ihre Produktionen ins Ausland verlagern, dann betonen sie gerne, dass der „hohe Stand der Qualität“ gewahrt bleibt. Journalistische Qualitäten wie etwa die Unabhängigkeit gelangen bei solchen „Auszeichnungen“ allerdings unter die Räder. MICHAEL LÜNSTROTH