Hamburg bald doch demokratisch

Jetzt ist es offiziell: Volksbegehren zur Wahlrechtsreform war erfolgreich. Senat will den eigenen Gesetzentwurf gemeinsam mit der SPD bereits am 26. November in die Bürgerschaft einbringen. GAL fürchtet „Durchpeitschen“

von PETER AHRENS

Auch was lange verzögert wird, wird manchmal endlich gut: Die Chancen, dass Hamburg ein demokratischeres Wahlrecht erhält, sind seit gestern gestiegen. Senatssprecher Christian Schnee hat bestätigt, dass das Volksbegehren für ein neues Wahlrecht die erforderliche Zahl von Unterschriften erreicht hat, um einen Volksentscheid zu starten. Gut 60.000 Voten waren nötig, wie viele es letztlich genau geworden sind, wollte Schnee nicht sagen: „Wir zählen nur bis zu dem Punkt, an dem klar ist, dass die Initiative erfolgreich war.“

Zuvor hatten sowohl die Initiative als auch die GAL dem Rechts-Senat vorgeworfen, die offizielle Bekanntgabe des Resultates mehrfach verzögert zu haben, um so Zeit für den eigenen Gesetzentwurf zu gewinnen, den CDU, Schill-Partei und FDP gemeinsam mit der SPD in die Bürgerschaft einbringen wollen. Die vier Parteien wollen dadurch verhindern, dass der Entwurf der Initiative angenommen werden könnte. Und das hieße: Hamburg würde zur nächsten Bürgerschaftswahl 2005 nicht nur in Wahlkreise eingeteilt, die WählerInnen könnten auch zwischen mehreren BewerberInnen unterschiedlicher Parteicoleur auswählen.

Der Entwurf der vier Bürgerschaftsfraktionen sieht zwar auch die Einführung von Wahlkreisen vor. Jedoch sollen die so geschnitten werden, dass davon vor allem die SPD profitieren würde – legt man die Ergebnisse der vergangenen Wahlen in Hamburg und dem Bund zugrunde. Die CDU-Abgeordneten würden danach wie bisher über die Landeslisten ins Parlament rutschen. Die Bürgerschaft soll diesen Entwurf bereits am 26. November beraten. Die GAL spricht daher auch vom „Durchpeitschen“ des Gesetzes. Denn erst in der kommenden Woche, am 11. November, befasst sich der zuständige Verfassungsausschuss in einer Anhörung mit dem Thema.

Der GAL-Abgeordnete Farid Müller und die Sprecherin der Volksinitiative, Angelika Gardiner, hatten aufgrund der Verzögerungstaktik von einer „Missachtung des Bürgerwillens“ gesprochen. So soll das Resultat bereits seit zwei Wochen im Senat vorgelegen haben. Auch wenn das Ergebnis nun bekannt ist, zeige sich darin „der Unwille der Regierenden, Bürgerabstimmungen ernst zu nehmen“.

Müller hatte gestern nach dem Bekanntgeben des Resultats der Volksinitiative erst einmal gratuliert: „Ohne den Einsatz der Initiative wäre dieser Schritt in eine demokratische Zukunft nicht möglich gewesen.“ Der GALier forderte die übrigen Parteien auf, ihre eigenen Wahlrechtspläne fallen zu lassen: „Beust, Lange, Scholz und Schill wären gut beraten, mit einem modernen Wahlrecht mehr Demokratie zuzulassen.“

Gardiner hat die Erfahrungen mit der Verzögerungstaktik des Senats gestern dazu genutzt, eine grundlegende Erneuerung der Vorschriften zur Durchführung von Volksabstimmungen zu verlangen. So sei überhaupt nicht einzusehen, warum Menschen, die sich auf den Ortsämtern in die Unterschriftenlisten eintragen wollen, ihren Personalausweis vorzeigen müssen, während dies beim Unterschriftensammeln auf der Straße nicht nötig sei.

Außerdem bemängelt Gardiner die Verordnung, nach der Infostände für eine Volksinitiative nur für drei Tage genehmigt werden. Anschließend muss man sich einen neuen Standplatz suchen.