„Es wird sehr viel diskutiert“

Organisierte Langeweile oder einfach nur besser? Ein Mann der Basis über seine CDU

Bremen taz ■ Gehetzte Journalisten schätzen an CDU-Parteitagen ihre straffe Dramaturgie und Ereignisarmut: Getan wird, was der Landesvorsitzende sagt. Diskutiert wird kaum. Der CDU-Parteitag zum Herzog-Papier fiel aus diesem stets wiederkehrenden Szenario heraus: Die Basis stritt zwar nicht über die „grobe Richtung“ – die nämlich passt Bernd Neumann und damit der Basis. Aber sie hörte den Kritikern zu. Und sie stritt über Details. Wir baten Kay Entholt (Foto), CDU-Mitglied im Beirat Oberneuland, als Teil der Basis um eine Einschätzung dieses Abends und der CDU-Diskussionskultur.

taz: War dieser Montag ein CDU-untypischer Abend?Kay Entholt: Gar nicht. Das war ein sehr guter Abend. Gerade Frau von der Leyen hat die Überlegungen der CDU sehr gut dargestellt.

Die gravierendsten Einwände gegen das Herzog-Papier wurden in Bremen zwar gehört, aber nicht weiter behandelt. Warum nicht?Weil wir uns sehr genau mit dem Leitantrag auseinandergesetzt haben, vor allem mit den Änderungsanträgen für Details. Darüber wurde ja auch diskutiert.

Die „Einigkeit mit der groben Richtung“, die Bernd Neumann beschworen hat, ist bei der Basis also tatsächlich vorhanden?Es gab selbstverständlich vorher einen langen Diskussionsprozess. Es waren ja auch viele auf der Regionalkonferenz in Hannover. Und man ist eben zu der Auffassung gekommen, dass das Herzog-Konzept das sozial ausgewogenste ist.

Abgesehen von diesem konkreten Thema: Bei CDU-Parteitagen hat der Beobachter den Eindruck, es wird getan, was Herr Neumann sagt. Finden Sie das nicht langweilig?Es wird in der Partei sehr viel diskutiert. Und wenn Einigkeit besteht, ist es doch Unsinn, sie zu verbergen. Es gibt Themen, die wir kontrovers diskutieren. Und wir haben schließlich auch andere Foren neben dem Parteitag.

Bei der SPD sieht es auf Parteitagen oft anders aus: die Chefs haben ihre Basis keineswegs im Griff, Kontroversen werden auch öffentlich heftig ausgetragen. Warum passiert sowas nicht bei der CDU?Wir versuchen natürlich, öffentlich eine Linie darzustellen, insbesondere da wir in Bremen die Politik mitbestimmen. Es bringt nichts, Beschlüsse, die ein Gremium fasst, in einem anderen Gremium wieder über den Haufen zu werfen. Deshalb halte ich die Diskussionskultur in der CDU für die bessere – wir einigen uns auf eine Richtung und stehen dann dazu.

Heute veranstaltet auch die SPD einen Parteitag, nämlich genau zu dem, womit Ihr Landesvorsitzender das Parteivolk nicht behelligen will: dem Landeshaushalt. Ist es, wie Bernd Neumann sagt: Haben Sie wirklich keinen Diskussionsbedarf?Erstmal müssten die ganzen Spar-Details vorliegen, bevor man darüber diskutieren kann. Sich auf einem Parteitag mit Dingen auseinanderzusetzen, die noch längst nicht fix sind, halte ich für Schattenboxen. Zunächst ist nämlich der Senat gefordert und dann das Parlament beziehungsweise der Koalitionsausschuss.

Fragen: Susanne Gieffers