Zu wenig Ärzte in Problemgebieten

Weil Hamburg einerseits mit Ärzten überversorgt ist, andererseits aber an sozialen Brennpunkten der Stadt Praxen fehlen, kritisiert die rot-rote Opposition den Senat. Ihre Forderung: Die Bedarfsplanung muss geändert werden

Neben der umstrittenen Honorarreform beschäftigt viele Hamburger Ärzte derzeit vor allem die immer lauter werdende Kritik an der hiesigen Bedarfsplanung. Die Oppositionsfraktionen SPD und Die Linke setzten deshalb auf der vergangenen Bürgerschaftssitzung dieses Thema ganz nach oben auf ihre Prioritätenlisten.

Obwohl es in der Hansestadt – rein statistisch – eine ärztliche Überversorgung gibt, forderten die Sozialdemokraten eine flächendeckende Versorgung mit Arztpraxen. „Es kann nicht sein, dass es in Steilshoop, Rothenburgsort und auf der Veddel keinen Kinderarzt gibt“, sagte Gesundheitsexpertin Anja Domres in der Bürgerschaft. Aber auch die hausärztliche Versorgung gestalte sich in einigen Stadtteilen, wie Finkenwerder, schwierig.

In sozial besser situierten Stadtteilen hingegen sei die Ärztedichte wegen des hohen Anteils an Privatpatienten größer. Der Grund dafür liegt unter anderem in der Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Diese ist gesetzlich dazu verpflichtet, die ambulante Versorgung in einer Region sicherzustellen. Vor allem auf dem Land spielt die Bedarfsplanung eine wichtige Rolle, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten und den Patienten lange Wege zu ersparen. Da Hamburg jedoch wie ein einziger Planungsbereich behandelt wird, kann die KV die Verlegung von Praxen in andere Stadtteile nicht verhindern.

SPD-Politikerin Domres warf dem Senat deshalb vor, seine Fürsorgepflicht als Aufsichtsbehörde gegenüber der Hamburger Bevölkerung zu vernachlässigen. „Der Senat muss sich dafür einsetzen, dass in allen Stadtteilen gleiche Möglichkeiten der ärztlichen Nahversorgung bestehen.“ Ihre Forderung lautete daher: kleinere Zulassungsgebiete und finanzielle Anreize für Ärzte in sozialen Brennpunkten. Damit unterstrich Domres einen SPD-Antrag der vergangenen Bürgerschaftssitzung.

Rückendeckung bekam die Sozialdemokratin von der Linken-Politikerin Kersten Artus. Sie kritisierte die unterschiedlichen Versicherungsformen, die eine Hauptursache für die „Zwei-Klassen-Medizin“ seien. Denn erst der finanzielle Gegensatz zwischen privater und gesetzlicher Versicherung führe dazu, dass Ärzte aus ärmeren Stadtteilen wegzögen. Neben der Forderung nach einer so genannten Bürgerversicherung begrüßte Artus den Vorschlag, die Versorgung im gesamten Stadtgebiet umzugestalten. „Es ist notwendig, dass der Hamburger Planungsbereich neu ausdifferenziert wird.“ UTA GENSICHEN