Kaufhof will immer für die Kunden da sein

Der Konzern klagt vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Ladenschlussgesetz. Er will auch sonntags öffnen

KARLSRUHE taz ■ So stellt sich Kaufhof-Chef Lovro Mandac den urbanen „Erlebniseinkauf“ vor: die Kunden gehen abends und am Sonntag shoppen, und zwischendurch essen sie etwas im Kaufhof-Restaurant oder trimmen sich im Kaufhof-Fitnessstudio. Vor dem Bundesverfassungsgericht will das Unternehmen erreichen, dass es seine Warenhäuser auch nach 20 Uhr und an Sonntagen öffnen darf. Beide Beschränkungen seien „nicht mehr zeitgemäß“. Doch noch steht das Ladenschlussgesetz dem entgegen. Gestern verhandelte das Gericht, das Urteil steht noch aus.

1996 wurde die mögliche Abendöffnung von 18.30 auf 20 Uhr erweitert, vor wenigen Monaten gab Rot-Grün sogar den Samstag bis 20 Uhr frei. Doch Kaufhof hält auch die verbleibenden Beschränkungen für „nicht erforderlich, nicht zumutbar und damit verfassungswidrig“. Das Unternehmen sei in seiner Berufsfreiheit verletzt.

Ursprünglich sollten die Beschäftigten mit dem gesetzlichen Ladenschluss vor überlangen Arbeitszeiten geschützt werden. Für diesen Zweck ist das Gesetz aber nicht mehr notwendig. Schließlich beträgt die tarifliche Arbeitszeit heute nur 37,5 Stunden, obwohl die Läden über 80 Stunden pro Woche geöffnet sind – und mehr als 50 Prozent der Einzelhandels-Beschäftigten arbeiten ohnehin in Teilzeit. „Heute geht es vor allem um den Schutz vor ungünstigen Arbeitszeiten“, betonte Ulrich Dalibor von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. „Vom Verbrauchermarkt auf der grünen Wiese kommen die Beschäftigten nach 20 Uhr mit den öffentlichen Nahverkehr gar nicht mehr nach Hause.“ Staatssekretär Rudolf Anzinger aus dem Wirtschafts- und Arbeitsministerium wies außerdem darauf hin, dass im Einzelhandel 72,5 Prozent Frauen arbeiten. Das Ladenschlussgesetz helfe, Beruf und Familie besser zu vereinbaren. Kaufhof-Sprecher sehen das als unberechtigte Sonderbehandlung. Immerhin arbeiteten nur 2,75 Millionen von 37 Millionen Beschäftigten im Einzelhandel. In der Industrie sei Nacht- und Schichtarbeit längst zulässig.

Außerdem verwies der Warenhauskonzern auf die vordringende Konkurrenz ohne Ladenschluss: „Tankstellen bestreiten die Hälfte ihres Umsatzes mit Produkten des Einzelhandels, das sind 10 Milliarden Euro pro Jahr.“ Immer wichtiger würden auch die Einkaufsflächen in Bahnhöfen.

Vertretern der Kirchen ging es vor allem um den Schutz des Sonntags, der im Grundgesetz als „Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erbauung“ ausdrücklich geschützt ist. „Wenn sonntags die Läden offen hätten, wäre der Unterschied zu Werktagen kaum noch zu erkennen“, warnte der katholische Kirchenrechtler Wolfgang Rüfner.

Das Urteil wird erst in einigen Monaten verkündet. Denkbar ist, dass das Gericht dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für den Ladenschluss abspricht. Dann könnten die Länder eigene, unterschiedliche Regelungen treffen. CHRISTIAN RATH