kommentar: kindergartenplätze
: Schwarzer-Peter-Spiel

Wenn es einen Preis für das lauteste Jammern gebe, könnten sich ihn die Städte und die Kirchen in Nordrhein-Westfalen teilen. Beide Parteien geben in dem Streit um den Abbau von Kindergartenplätzen kein gutes Bild ab. Die Kirche begründet ihr Vorhaben mit dem demographischen Wandel, meint aber damit vor allem den Rückgang von katholischen Kindern in ihren Einrichtungen. Sich selbst auf die Schulter zu klopfen, weil man auch einen kleinen Prozentsatz nicht getaufter und muslimischer Kinder aufnimmt, ist gerade bei der heutigen Bevölkerungskonstellation nicht angebracht. Katholische Steuergelder für katholische Kinder kann nicht das Motto einer Kirche sein, die auch in einer multikulturellen Welt attraktiv sein will.

Die Vertreter des Städtetages schwören den Zusammenbruch des Kindergartenwesens herauf, sprechen von einem flächendeckenden Rückzug der Kirchen, obwohl diese – mit Ausnahme vom Bistum Köln – nur einen geringen Teil ihrer Einrichtungen schließen wollen. Die Städte können aber nicht die Kirchen verpflichten, in ihre eigenen Lücken zu springen, die nur dadurch entstehen werden, dass man sich mit Umwandlung von Kindergartenplätzen in Betreuungseinrichtungen für die unter Dreijährigen profilieren will. In diesem Punkt haben die Städte in NRW noch einiges nachzuholen: Bisher sahen sie es als ausreichend an, die Pflicht, jedem Kind einen Kindergartenplatz zur Verfügung zu stellen, zu erfüllen. Jetzt wo für die Unter-Dreijährigen das Bundesgesetz kommt, soll diese Pflicht auf die Kirchen abgeschoben werden. NATALIE WIESMANN