Herner Forensikstreit geht weiter

Das Thema Forensik beschäftigt die Stadt Herne weiter. SPD-Haltung bleibt widersprüchlich, CDU verhält sich taktisch

HERNE taz ■ Auch nach der Kommunalwahl bleibt der geplante Neubau der forensischen Klinik in Herne ein wichtiges Gesprächsthema. Die Delegiertenkonferenz der Herner Sozialdemokraten wählte den Herner Landtagsabgeordneten Frank Sichau erneut zum Kandidaten für die Landtagswahl im Mai 2005 – und stößt damit auf Widerstand der so genannten „Bürgerinitiative Forensik“. Die Initiative demonstrierte am Rande der Konferenz wegen „unterlassener Hilfeleistung“ im Kampf gegen den Klinikstandort Wanne gegen eine erneute Kandidatur Sichaus.

Sichau hatte sich in der laufenden Legislaturperiode gemeinsam mit der Herner Landtagsabgeordneten Gabriele Gorcitza (SPD) für den Bau der Forensik in Herne ausgesprochen. Gorcitza kandidiert nicht mehr für den Landtag, weil sie nach eigenen Angaben „keine Lust“ auf die Streitereien vor Ort habe. Eine anderer Grund ist, dass in Folge der Wahlkreisreform einer der drei Herner Wahlkreise wegfällt. Sichau tritt im Wahlkreis 110 an. Der Wahlkreis umfasst drei Viertel des Stadtgebietes. Eickel, der potentielle Standort der Forensik, gehört nicht dazu.

Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der sozialdemokratischen Ortsvereine in Herne-Mitte, Lothar Przybyl, nannte die Aktionen der Bürgerinitiative „jämmerlich, mehr als unsolide und unseriös“. Die Genossen stellten sich bei der Kandidatenkür in seltener Geschlossenheit hinter Sichau. Er erhielt 85 von 106 Stimmen. Das überrascht. Immerhin beteiligte sich die Herner SPD gemeinsam mit CDU und Grünen an einer Klage gegen den Standort Eickel. Vor der Kommunalwahl erklärte der neue Oberbürgermeister Horst Schiereck (SPD), dass er sich die Forensik „nicht aufs Auge drücken lassen“ wolle. Und selbst die für den Neubau verantwortliche nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD), bekam den Zorn der Herner Genossen zu spüren. Bei der Kandidatenaufstellung im Landtagswahlkreis 109 (Herne-Eickel und Teile Bochums), stimmten die Eickeler Delegierten gegen die Ministerin. Fischer setzte sich knapp mit 30 zu 29 Stimmen durch.

Ein Ende der Hängepartie ist in Sicht. Nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums soll am dritten November vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eine mündliche Anhörung zur Klage der Stadt Herne statt finden. Ob es schon zu einer Entscheidung kommen wird, ist noch unklar. Sollte das Verwaltungsgericht die Klage abweisen, dürfte zumindest der Druck auf die Landschaftsversammlung im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) steigen, einen Planungsbeirat einzuberufen. Der LWL ist späterer Betreiber der Forensik. Bislang hat sich die absolute CDU-Mehrheit im LWL gegen die Stimmen von SPD und Grünen für eine Vertagung der Beiratsgründung ausgesprochen. „Rechtliche Bedenken“ wurden angeführt. Seit der Änderung der Mehrheitsverhältnisse nach der Kommunalwahl sind die Christdemokraten auf die Unterstützung anderer Fraktionen angwiesen. Es wird sich zeigen, wie sie sich im Hinblick auf die anstehende Landtagswahl zum Thema Forensik verhalten.

HOLGER PAULER