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: Zwischen Schwank und Sheherazade

„Das Treppenhaus klingt wie ein Lied“, sagt der Hausmeister. Wie ein Lied? Eher wie ein Strom: Irgendwo rauscht und gluckert es im Zehn-Etagen-Silo – Grund genug für den grau bekittelten Ordnungshüter, sich durch die Stockwerke treiben zu lassen. Warum nicht in der Wohnung der schlafenden Schönheit nach der Lärm- und Wasserquelle suchen, wo die Tür doch so einladend offen steht? Es geistern nämlich mehr Menschen in dieser Sommernacht durchs Haus. Rennen aus der Wohnung oder schleichen sich rein, sind im Aufzug ein- oder aus dem Haus ausgeschlossen, klingeln bei Unbekannten, rufen „Hallo?“ ins Leere.

Ein Hausmeister, zwei Frauen, ein echter Kerl und ein Voyeur – sie alle rudern unsicher wie in Schlauchbooten durchs Haus, gegen den Strom der Ereignisse kämpfend, einander ständig verpassend und emotional immer kurz vorm Kentern. Was sich auf der Bühne abspielt, ist eine Mischung aus Esoterik und Klamotte, aus Metaebene und Missverständnis, aus Traumsequenzen und Trampeltieren.

Roland Schimmelpfennigs Stück „Die Arabische Nacht“, das zurzeit im Kölner Theater im Hof zu sehen ist, besitzt ein riesiges Potenzial: Westliche Hochhaustristesse und orientalische Märchensprache verbinden sich zu einer Art schrägem Sommernachtstraum, die Poesie einer Sheherazade wird immer wieder durch das abstruse Treppauf, Treppab, Tür auf, Tür zu des Bauerntheaters gebrochen. Der Erzählstil ist eine dramaturgische Meisterleistung: Die fünf Figuren sind isoliert, sprechen allein für sich, doch die inneren Monologe verweben sich zum Simultanbild – so lange, bis A das tut, wovon B gerade spricht, ohne dass die beiden sich begegnen.

Eine so hochprozentige Mischung aus Poesie und Klamauk könnte viel Spaß machen. Nur: Warum macht das Ensemble des Nö-Theaters (Regie: Christof Bultmann) ein Drama daraus? Warum das aufgeregte Geatme und Gehechle, warum so viel tragödienhafte Schwere in einem Stück, das nach Leichtigkeit geradezu schreit? Etwas mehr Ironie und Zurückhaltung hätte hier gut getan. Fazit: Nicht das Highlight der Saison, aber sehenswert. Holger Möhlmann

„Die Arabische Nacht“, Theater im Hof, Roonstr. 54, Köln, Tel. 0221/880 07 10, nächste Vorstellungen: 20./21., 28./29.10., jeweils 20 Uhr