Struck putzt, Union stutzt

KSK-Brigadegeneral Günzel nach seiner Solidarisierung mit den antisemitischen Äußerungen des CDU-Abgeordneten Hohmann entlassen. CDU sieht keinen Grund für Fraktionsausschluss Hohmanns

BERLIN taz ■ Nach einem Lob für die antisemitische Rede des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann ist der Chef des Kommandos Spezialkräfte (KSK), Brigadegeneral Reinhard Günzel, gestern entlassen worden. Es handele sich um einen „verwirrten General, der einer noch verwirrteren Auffassung eines CDU-Bundestagsabgeordneten zugestimmt“ hat, sagte Verteidigungsminister Peter Struck (SPD). Günzel hatte Hohmann schriftlich für dessen „Mut zur Wahrheit“ gratuliert. Diese Äußerungen seien „unerträglich“, sagte Struck, deshalb habe er ihn „rausgeschmissen“. Struck nannte Günzel einen „Einzelfall“, der nicht symptomatisch für die Bundeswehr sei.

„Ein Anschiss hätte genügt“, kommentierte der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler Günzels Entlassung. Der Chef des Bundeswehrverbands, Bernhard Gertz, begrüßte dagegen Strucks Vorgehen.

Der eigentliche Urheber des Skandals, Martin Hohmann, der die Solidaritätserklärung des Generals im ZDF publik gemacht hatte, darf dagegen weiterhin Bundestagsabgeordneter bleiben. Die CDU sah auch nach Günzels Entlassung keinen Anlass für ein verschärftes Vorgehen gegen den Volksvertreter, der am Montag vom CDU-Bundesvorstand eine „Rüge“ für seine antisemitische Rede erhalten hatte.

„Das bedeutet keine Veränderung“, sagte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Volker Kauder, obwohl sich Hohmann im ZDF für seine Rede gerechtfertigt hatte: „Entschuldigung wäre, glaube ich, ein Signal, dass die Tatsachen nicht stimmen, die ich angeführt habe“, so Hohmann. „Die Tatsachen sind aber richtig.“ In seiner Rede hatte Hohmann gesagt, man könnte die Juden „mit einiger Berechtigung als Tätervolk bezeichnen“.

CDU-Chefin Angela Merkel begründete die nachsichtige Haltung gegenüber Hohmann in der Fraktion mit der zeitlichen Reihenfolge der Ereignisse. Hohmann habe am Samstag mit dem ZDF gesprochen, also vor der „Rüge“. Diese Erklärung Merkels wurde von der Fraktion zur Kenntnis genommen. Widerspruch gab es Teilnehmern zufolge nicht. „Wenn einer schon am Boden liegt, ist es nicht das Tapferste, noch mal draufzutreten“, sagte Gauweiler der taz. Der Zentralrat der Juden, SPD und Grüne forderten dagegen den sofortigen Ausschluss Hohmanns.

Laut „Spiegel Online“ wurde Hohmanns Redetext bereits einige Tage vor den ersten Medienberichten per E-Mail an die Büros von 108 Abgeordneten aller Parteien verschickt. KLH/LKW

brennpunkt SEITE 3