Frühe Bötchen verdienen

Nordmetall-Stiftung sponsert 20 Experimente für Hamburger Kita-Vereinigung. Das Spiel damit soll die erste Lerngrundlage für spätere Schulbildung schaffen

Ein Klumpen aus Knete versinkt im Wasser, ein Bötchen dagegen schwimmt

„Unsere Gesellschaft ist technikreserviert“, erklärte gestern Peter Golinski vom Arbeitgeberverband „Nordmetall“. Unternehmen hätten Schwierigkeiten, geeignete Fachkräfte zu bekommen, Universitäten und Betriebe klagten über mangelnde Eignung der Bewerber und selbst Gymnasien stellten ab Klasse 7 oder 8 ein mangelndes Interesse an Naturwissenschaften fest. Damit dies anders wird, und um ein „Zeichen“ zu setzen, hat die Nordmetall-Stiftung jetzt mit 100.000 Euro das Projekt „Versuch macht klug“ der städtischen Kita-Vereinigung gesponsert.

Als Erste durften sich gestern die Kinder der Altonaer Kita Zeiseweg an den 20 Experimenten versuchen. Ein Bogen aus Bauklötzen hält auch ohne Stützen das Gewicht eines Menschen, ein Ballon bleibt im Luftstrom eines Ventilators konstant auf einer Höhe, ein Magnet formt Eisensplitter zu bizarren Gebilden, ein Bleistiftstrich auf Papier leitet Strom und lässt Musik ertönen – simple und doch verblüffende Versuchsaufbauten, die der Mini-„Phänomenta“ entlehnt sind, welche die Uni Flenburg gerade für Schleswig-Holsteins Grundschulen entwickelt hat.

„Wir haben die Aufbauten für die Bedürfnisse der Kinder vereinfacht“, berichtet Vereinigungs-Geschäftsführerin Heidi Colberg-Schrader und betont, dass es hier „nicht darum geht, den Kindern Physik zu erklären“. Ziel sei vielmehr, frühe Begegnungen mit Naturwissenschaft und Technik zu ermöglichen. Colberg-Schrader: „Wir wissen aus der Lernforschung, dass dies auch ein vorbereitendes Lernen ist, auf dem später das schulische Lernen sehr viel besser aufbauen kann.“

Der schwebende Ballon beispielsweise zeigt die Wirkung von Druck und Auftrieb. Die Bogenbrücke hält nur, weil die beiden Endklötze fixiert sind und die Druckkanten der übrigen sieben Klötze genau senkrecht auf die Fugen wirken. Und ein Kneteklumpen sinkt auf den Boden der Waschschüssel, während das aus Knete geformte Bötchen schwimmt. Die Kinder sollen nun noch nichts über den Zusammenhang von Wasserverdrängung und Auftrieb lernen. Sie sollen aber ein Bild davon haben, wenn dies Jahre später der Lehrer erklärt.

Ihr Wissen über diese Phämomene schulen sollen hingegen die ErzieherInnen, die durch gezielte Fortbildung auf den Einsatz der mobilen Experimentierstationen vorbereitet werden. Denn die Wissbegier der Kinder ist laut Colberg-Schrader „ungebremst“. ErzieherInnen wichen den Fragen der Kinder zu physikalischen oder technischen Dingen jedoch oft aus, weil ihnen selbst die Wissensbereiche fremd sind.

Die Vereinigung, die 173 Kitas betreibt, will zunächst fünf Sätze der Phänomenta in Umlauf bringen und den Einsatz von der Uni Flensburg wissenschaftlich begleiten lassen. Dazu gibt es Bauanleitungen, nach denen die ErzieherInnen zusammen mit den Eltern für ihre Kita die Stationen nachbauen und so für eine Verbreitung nach dem Schneeballeffekt auch bei anderen Trägern sorgen können.

Ob diese frühe Förderung der Technikfreude den heutigen Kindern in 25 Jahren einen Arbeitsplatz garantiert, können die Sponsoren der Nordmetall-Stiftung nicht versprechen. „Wir wissen nicht, wie unsere Umgebung dann ist“, sagt der Vorstand Thomas Klischan. „Eine reine Dienstleistungsgesellschaft ohne Technik werden wir aber sicher nicht.“ Kaija Kutter