Merkel-Helfer der zweiten oder dritten Wahl

Die neuen CDU-Fraktionsvizes Michael Meister und Ronald Pofalla wurden von ihrer Chefin gleich desavouiert

Es ist ein beachtlicher Karrieresprung. Von so einer Beförderung können andere nur träumen. Die beiden CDU-Politiker Michael Meister und Ronald Pofalla werden neue Vize-Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion im Deutschen Bundestag. Mehr noch: Beide vertreten künftig die Leib-und-Magen-Themen der Union. In der Finanz- und Wirtschaftspolitik legt die Union traditionell besonders großen Wert auf ihre Kompetenz. Und vor allem: Es sind die Themen, mit denen die Union im nächsten Bundestagswahlkampf besonders deutlich gegen die rot-grüne Regierung punkten will.

Das dürfte nicht allzu schwer werden, sollte man meinen, wenn man die griesgrämigen Gesichter der SPD-Minister Hans Eichel und Wolfgang Clement so sieht. Der eine zählt schon lange nur noch Schulden, der andere arbeitslose Opelaner. Eigentlich also eine schöne Aufgabe für ihre neuen Gegenspieler. Die Sache hat nur einen kleinen Haken.

Meister und Pofalla haben keinerlei Erfahrung als große Redenschwinger vor einem Millionenpublikum. Sie sind im Bundestag noch nie aufgefallen. Sie spielen in einer ganz anderen Liga als ihr Vorgänger Friedrich Merz, der vor einer Woche hingeschmissen hat und dessen Aufgaben sie sich nun, bescheiden, teilen. Meister und Pofalla gelten, liest man die ersten Kommentare, als „Notlösung“ und „Merkels letztes Aufgebot“.

Dieses spöttische Medienecho allein wäre freilich noch kein unüberwindliches Problem. Jeder kann sich steigern, jeder hat mal klein angefangen. Und bis 2006 ist ja noch ein bisschen Zeit. Das Problem ist nur: Ausgerechnet ihre eigene Chefin Angela Merkel hat kräftig dazu beigetragen, dass Meister und Pofalla niemand ernst nimmt. Statt die beiden als frische, junge Leute schnell und selbstbewusst als Merz-Nachfolger zu präsentieren, fragte Merkel zunächst – und zu ihrem Pech vergeblich – ihren Chef-Vorgänger Wolfgang Schäuble, ob er die Themen Wirtschaft und Finanzen übernehmen wolle. Das Ergebnis ist, nach Schäubles erwartbarer Absage, fatal. Man muss kein böser Kommentator sein, um Meister und Pofalla als zweite oder besser gesagt, nach Merz, dritte Wahl einzustufen. Merkel hat diesen Schluss selbst nahe gelegt.

Dieser Fehlstart für die Merz-Nachfolger war, zumindest im Fall Meister, unnötig. Der 43-jährige Hesse hat sich in der Arbeitsgruppe Finanzen der CDU-Fraktion bewährt und gilt in der Union als „fachlich genauso gut wie Merz“. Und besser für Merkel: Um den Sozialausgleich für ihr Gesundheitskonzept zu finanzieren, dürfte es Meister leichter fallen, vom CDU-Steuersenkungsplan Stück für Stück abzurücken, als Bierdeckel-Merz. Pofalla ist auch erst 45 und zwar kein Wirtschaftsfachmann, aber als bisheriger Justiziar der Fraktion, Strippenzieher in der NRW-CDU und last not least Kohl-Anwalt ein profunder Kenner der CDU-Interna. Auch er könnte also ein wichtiger Merkel-Helfer werden. Nur dumm, dass sie beide gleich zum Start gründlich desavouierte. LUKAS WALLRAFF