Ein Pragmatiker reinsten Wassers

Peter Schaar wird Beauftragter für Datenschutz. Der Grüne will nicht bloß warnen, sondern auch zu Lösungen beitragen

Den Mann gibt es zweimal. Den offiziellen Peter Schaar in Schlips und Anzug, der druckreif und präzise zu formulieren beliebt. Und sein Alter Ego in Jeans und Pullover, das lässige Sitzpositionen bevorzugt und ebenso ausführlich wie gestenreich zu erzählen weiß. Gemeinsam ist beiden: Sie schauen ihrem Gesprächspartner direkt ins Gesicht, sie sind mit Leidenschaft beim Thema, und sie sind Pragmatiker reinsten Wassers. „Ich spiele den Ball da, wo er liegt“, sagen beide Peter Schaars.

Der neunundvierzigjährige Hamburger, der gestern vom Bundeskabinett für das Amt des Datenschutzbeauftragten nominiert wurde und noch vom Bundestag gewählt werden muss, gehört zu der Sorte Realisten, die Träumereien durch Ideen ersetzen. Datenschutz müsse „verständlich für die Anwender sein“, findet Schaar.

Im Gespräch unternimmt er einen Streifzug durch den Vorschriftendschungel der deutschen Datenschutzbestimmungen, weist auf Widersprüche hier und Lücken dort hin, bis sein Gegenüber ob zunehmender Orientierungslosigkeit fragt, ob man da nicht mal aufräumen könne. „Eben“, sagt Peter Schaar, da müsse viel gelichtet und harmonisiert werden, „Lösungen“ seien zu suchen und so anzubieten, dass sie auch umsetzbar seien – für große Verwaltungen ebenso wie für kleine Betriebe oder für Internet-User.

Mehr als 16 Jahre lang war der passionierte Hobbyradler Referent im Datenschutzamt des Stadtstaats an der Elbe, davon acht Jahre als stellvertretender Datenschutzbeauftragter. Als Experte für Kommunikationstechnologien erwarb sich Schaar einen bundesweiten Ruf. Sein Buch „Datenschutz im Internet“ gilt als Standardwerk. Es ist sogar für Nichtjuristen verständlich – vermutlich nicht zuletzt deshalb, weil auch Schaar selbst nicht Jura, sondern Volkswirtschaft studierte.

Ende 2002 ist der Leitende Regierungsdirektor aus dem Staatsdienst ausgestiegen. Seitdem ist der mit einer Anwältin verheiratete Vater zweier Kinder Geschäftsführer der von ihm gegründeten Firma PrivCom. Sie berät Betriebe oder Verbände in Datenschutzfragen, und dies „durchaus erfolgreich“, wie Schaar sagt: „Wir kommen zurecht.“

Auch sein Ausstieg aus dem Amt ist pragmatisch-nüchtern zu erklären. Dass ihn ausgerechnet der Hamburger Rechtssenat vom Stellvertreter zum Nachfolger seines Chefs befördert hätte, schien wenig wahrscheinlich. Immerhin zählt Schaar zu den Gründungsmitgliedern der Grünen an der Elbe, war von 1997 bis 2000 als Vertreter des Realo-Flügels um Krista Sager einer der beiden Parteivorsitzenden und saß in Koalitionsverhandlungen mit der SPD am Tisch.

Stattdessen der Wechsel in die freie Wirtschaft, und jetzt der Sprung nach Bonn auf den Sessel des Datenschützers. „Lösungen finden“ will dort Peter Schaar, der Pragmatische. „Vor Gefahren und Problemen nur zu warnen, reicht heute nicht mehr.“

SVEN-MICHAEL VEIT