„Freiwillige Ausreise“
: Blind gegenüber einer Blinden

Mit dem Finger auf den Richter zu zeigen, der die Abschiebung der blinden Russin Alla Mikhel beschlossen hat, wäre zu einfach. Es liegt in der Natur der Rechtsprechung, sich von Fakten leiten zu lassen, nicht von Mitleid. Natürlich kennen Paragraphen auch Ausnahmen – Emotionen sehen sie nicht vor. Nicht das Urteil war blind gegenüber einer Blinden, sondern das Gesetz.

KOMMENTAR VON UTA GENSICHEN

Einreisende zu verpflichten, Deutsch zu lernen, ist eine sinnvolle Erwägung. Ihnen aber die notwendigen Hilfsmittel vorzuenthalten, kann nicht oft genug angeprangert werden. Wie sollen Sehbehinderte eine Sprache erlernen, wenn sie keine Hörbücher haben?

Allzu oft wird Ausländern vorgehalten, sich nicht in Deutschland zu integrieren und stattdessen in einer Parallelwelt zu verharren. Wenn wir diese Menschen dazu verpflichten, unsere Sprache zu sprechen, müssen wir ihnen auch ermöglichen, sie erlernen zu können. Und das nicht nur dann, wenn sie behindert sind.

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