Die Queen kann nicht austreten

Anfang November beehren die britische Königin Elizabeth II. und ihr Mann Prinz Philip NRW. Ins Ruhrgebiet kommt die Queen allerdings nicht. Sie schickt ihren Mann und bleibt in Düsseldorf

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Man muss schon ein bisschen um sie fürchten, wenn die britische Königin Elizabeth II. und ihr Mann Prinz Philip am 4. November, punkt 11 Uhr, 50 Minuten, Null Sekunden Düsseldorfer Boden betreten. Denn von da an ist ihr Tagesablauf derart vollgepfropft mit Menschen winken, Reden hören und NRW anschauen, dass sie vermutlich nicht mal Zeit haben werden, in aller Ruhe auszutreten.

Auf die Minute hat die Landesregierung in Absprache mit Boyd McCleary, dem britischen Generalkonsul, festgelegt, was an Rhein und Ruhr derzeit sehenswert ist. Zunächst ist das für Politiker natürlich der Landtag, inklusive Besichtigung der historischen Ausstellung „GB-NRW – Dokumente einer 1.200 Jahre gelebten Nachbarschaft“. Eingeplante Zeit dafür: ganze fünf Minuten. Danach bleiben vier Minuten, um ein königliches Autogramm ins Gästebuch des Landtags zu setzen, bis dann, um 12.20 Uhr, das Protokoll vorschreibt: „Die Königin betritt den Plenarsaal und nimmt Platz“. Zeit hierfür: eine Minute. Oder um 13.07 Uhr: „Erklärungen von Herrn Prof. Zweite zum Ständehaus während der Aufzugfahrt in die Kuppel.“ Zweite muss wohl sein Turbo-Englisch auspacken: 60 Sekunden hat er, um alles Wichtige in möglichst verständliche Sätze zu quetschen.

Das Leben einer Queen, eines Staatsoberhauptes überhaupt, ist hart – vor allem auf Reisen. So hart, dass Elizabeth II. vor lauter Landeshauptstadt keine Zeit für das Ruhrgebiet hat. Den ganzen Tag wird sie von Ministerpräsident Peer Steinbrück nebst Anhang durch Düsseldorf getingelt, muss hier das sehen, und das hier noch. Da man das Revier aber nicht ganz links liegen lassen kann, schickt die Queen ihren Mann auf die Zeche Zollverein. Dort wird Prinz Philip, eskortiert von Gertrud Steinbrück, der Gattin des Ministerpräsidenten, und Kulturminister Michael Vesper, mit Designern zusammentreffen – für satte 55 Minuten. Schließlich solle das Königspaar nicht nur „hohen Tieren“ des Landes begegnen, sagt Generalkonsul McCleary. Außerdem interessiert die Designer-Kunst im Königshaus ganz besonders. Das Personal wird dort von Prunk und Protz und überall rumliegenden roten Teppichen buchstäblich verfolgt.

Aber nicht nur Design macht die Beziehungen zwischen NRW und dem britischen Königreich aus. Es gebe allein 140 Städtepartnerschaften, 133 bilinguale Schulen und 300 britische Unternehmen in NRW, die 46.000 Mitarbeiter beschäftigten, ließ Peer Steinbrück gestern bei einer Pressekonferenz wissen. Die Zahlen machen den Ministerpräsidenten stolz. Der hohe Besuch hingegen verwirrt ihn etwas: „Ich weiß noch gar nicht, was ich sagen soll“, sagte Steinbrück. Nur mit Scherzen, das wisse er schon, wolle er sich lieber zurückhalten. Und wenn er der Queen dann doch seinen „Lieblings-Limerick“ vortrage, dann so, „dass es andere nicht hören.“ Hoffentlich macht Steinbrück sein Versprechen wahr und hält sich daran, nicht zu spaßen. Denn, wie gesagt: Die Queen könnte dann vermutlich nicht mal austreten.