In Mülheim wird nah am Wasser gebaut

In Mülheim spaltet die geplante Umgestaltung der Innenstadt den Rat. Bürgerinitiativen bezeichnen das Millionenprojekt als „unseriös“ und werfen der SPD-Oberbürgermeisterin Befangenheit und Kungelei vor

RUHR taz ■ In Mülheim geht der Streit um das innerstädtische Ruhrbania-Projekt in die nächste Runde. Drei Wochen nach der Kommunalwahl, bei der die Gegner des Millionenprojekts zur Umgestaltung der Innenstadt rund 13 Prozent der Stimmen gewinnen konnten, versucht die von der SPD geführte Stadtverwaltung nun, durch Grundstücks- und Immobilienkäufe städtischer Unternehmen die Weichen für die Umsetzung des Großprojekts zu stellen.

„Die SPD-Oberbürgermeisterin und Mitglieder des Rates wollten in der sitzungsfreien Zeit per Eilbeschluss Fakten schaffen“, kritisieren die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI). Da die Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld außerdem Aufsichtsratsmandate in mehreren städtischen Unternehmen habe, sei sie befangen: „Mühlenfeld hat bei dem Deal doch gleich drei mal mit am Tisch gesessen - nicht nur als Oberbürgermeisterin, sondern auch als Aufsichtsrätin der zwei beteiligten Firmen“, sagt Lothar Reinhard, Chef der MBI-Fraktion im Rat. Inzwischen hat der Rat der Stadt in seiner ersten Sitzung nach der Kommunalwahl den Einwand der Befangenheit zwar bestätigt, die Kaufentscheidung wurde aber dennoch von den Ruhrbania-Befürwortern im Rat abgesegnet.

Für die anhaltende Kritik der MBI hat man in der Stadtverwaltung sowieso nur wenig Verständnis. Das Ruhrbania Projekt, mit dem in den nächsten zehn Jahren die komplette Mülheimer Innenstadt umgestaltet und näher an die Ruhr verlegt werden soll, wird von einer breiten Mehrheit aus SPD, CDU, FDP und Grünen unterstützt. Volker Wiebels, Pressesprecher der Stadt, weist denn auch die Einwände der MBI zurück. Bei der Immobilie, die die Mülheimer Wohnungsbaugenossenschaft (MWB) gekauft hat, handele es sich nur um „ein Randprojekt“, das nicht Teil der eigentlichen Bebauung der Ruhrpromenade sei. Und dass die Kaufentscheidung per Eilbeschluss getroffen worden sei, sei auch zu erklären: „Wir waren nun mal an Verträge und Fristen gebunden“, rechtfertigt Wiebels die Nacht- und Nebelaktion.

Die Kritik der Bürgerinitiativen hält der Pressesprecher für gegenstandslos. Mülheim leide wie andere Innenstädte auch stark unter dem Kaufkraftschwund, der vor allem durch Einkaufszentren am Stadtrand bedingt sei. „Ein Hauptziel der Ruhrbania ist deshalb, die Innenstadt wieder attraktiver zu machen, den Standort zu stärken und dringend benötigte neue Arbeitsplätze zu schaffen“, erklärt Wiebels. Konkretere Zahlen, wie viele Arbeitsplätze langfristig durch das Projekt entstehen werden, kann er aber „beim besten Willen“ nicht nennen. Für die MBI ist das Anlass für weitreichende Kritik. Die Planungen seien unseriös, nie gebe es konkrete Zahlen.

Die Stadtverwaltung geht jedoch davon aus, dass durch das Projekt, das keine weiteren Einzelhandelsflächen beinhalten soll, viele Kunden aus den Nachbarstädten in die Mülheimer Innenstadt strömen werden. Gerade der innerstädtische Einzelhandel würde deshalb enorm von Ruhrbania profitieren, so Wiebels: „Kaufhof hat schon deutlich gemacht, dass sie sehr auf Ruhrbania hoffen.“ Reinhard glaubt an diese Zukunftsvisionen nicht. Er befürchtet viel mehr, dass durch das Projekt nur hochpreisige Eigentumswohnungen und weitere Büroflächen geschaffen werden, obwohl schon jetzt viele Büros leer stünden. Und 40 Millionen Euro für die angeblich notwendigen Infrastrukturmaßnahmen habe die Stadt auch nicht, sagt Reinhard: „Mülheim ist doch heute schon hyperpleite.“ ULLA JASPER