Off-Kino : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Das Thema der Amour Fou ist im Kino beinahe so alt wie das Medium selbst. Allerdings lässt sich die bedingungslose Leidenschaft nur schwer filmen: Schnell wirken die Gesten hölzern, die Worte verkehrt, und hinter jeder Ecke lauert unfreiwillige Komik. In seinem Meisterwerk „Live Flesh – Mit Haut und Haar“ (1998) umschifft Pedro Almodóvar diese Klippe, indem er das Melodram um Fleischeslust und -frust bewusst nur knapp unter der Lachschwelle ansiedelt. Die Handlung ist mehr als verwickelt: Victor liebt Elena, die David heiratet. Der wiederum hatte ein Verhältnis mit Clara, die verheiratet ist mit Sancho. Clara aber treibt es mit Victor. Um sich an Elena zu rächen, will Victor der größte Liebhaber der Welt werden. In der Folge wird geschossen und gestorben, die Protagonisten erleben Rauschgiftsucht und Querschnittslähmung – doch der spanische Regisseur spürt mit schwarzem Humor auch in den dramatischsten Momenten mühelos die Groteske auf, ohne in die Hysterie seiner frühen Filme zu verfallen. Im Zentrum des Films stehen die Männer: Trotz seines Namens erscheint Victor von Geburt an als Verlierer: ein naiver Dummschwätzer, der von einer Katastrophe in die nächste schlittert. Sein Zusammentreffen mit den Polizisten David und Sancho endet im Fiasko: Ein Schuss löst sich und macht David zum Krüppel. Absurderweise geht der daraus zunächst als strahlender Held hervor: Während Victor im Gefängnis sitzt, heiratet David die schöne Elena und wird zum Star der spanischen Basketballnationalmannschaft bei den Paralympics. Dass der Film seinen Charakteren mit immer neuen Wendungen auch immer neue Facetten abzugewinnen vermag, macht die eigentliche Spannung von „Live Flesh“ aus.
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Eine Dokumentation, die sich mit den bedeutenden Protagonisten der Soulmusik beschäftigt: Im Mittelpunkt des Films „Only the Strong Survive“ von Chris Hegedus und D.A. Pennebaker steht die Frage, was die Musiker aus Memphis, Chicago und Detroit in den vier Jahrzehnten seit ihrer großen Zeit eigentlich gemacht haben, sowie der Wunsch, sie noch einmal bei Proben oder im Konzert auf Zelluloid zu bannen. Dabei machen die Stars wie Wilson Pickett, Carla und Rufus Thomas (mittlerweile ist er verstorben) oder Sam (von Sam & Dave) eine ausgesprochen gute Figur; nebenbei erfährt man interessante Sachen wie die Tatsache, dass Mary Wilson von den Supremes zwischenzeitlich die Uni besucht hat: Weil sie beim Verfassen ihrer Autobiografie auf Ghostwriter verzichtete, machte sie sich die Mühe, das professionelle Schreiben zu erlernen. Das hat Stil. Wie die Musik.
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Prächtige Paläste und gefahrvolle Urwälder, bevölkert von exotischen Tieren, Kalifen und verwunschenen Prinzen: Mit ihren in jahrelanger mühevoller Kleinarbeit erstellten Scherenschnittfilmen bewegte sich Lotte Reiniger gern in orientalischen Märchenwelten. So auch in „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“ (1926), dem ersten abendfüllenden Animationsfilm der Geschichte. LARS PENNING