Plan B für Tempelhof

Flughafengesellschaft will Komplettschließung ohne Hintertür beantragen. Berliner Grüne sauer: Eine ihrer Bundestagsabgeordneten unterstützt CDU. Die will den Airport länger offen halten

VON STEFAN ALBERTI

Die Berliner Flughafen-Gesellschaft (BFG) will den Flughafen Tempelhof trotz der jüngsten Gerichtsniederlage weiter „so schnell wie möglich“ schließen. Dazu setzt die BFG jetzt darauf, den Flughafen komplett aufzugeben statt bloß den Flugbetrieb zu beenden. Das kündigte BFG-Sprecherin Rosemarie Meichsner gestern gegenüber der taz an. Die Entscheidung liegt bei den BFG-Gesellschaftern: dem Bund und den Ländern Berlin und Brandenburg. Heute diskutiert der Bundestag das Thema. Dabei unterstützt auch eine grüne Abgeordnete eine CDU-Initiative, Tempelhof offen zu halten.

Vor vier Wochen hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) die bisherige Strategie der BFG gestoppt. Die sah vor, sich lediglich von der so genannten Betriebspflicht entbinden zu lassen. Das hätte den Flugbetrieb über dem dicht besiedelten Bezirk beendet, den Flughafen aber erhalten – falls der geplante Ausbau Schönefelds scheiterte, hätte Tempelhof wieder genutzt werden können.

Dort ansässige Fluggesellschaften hatten dagegen vor dem OVG geklagt, das Gericht stoppte per einstweilige Verfügung die Schließung. Ein endgültiges Urteil wird für 2006 erwartet. „Das wollen wir abwarten“, sagte BFG-Sprecherin Meichsner. Sie dementierte angebliche Überlegungen, Tempelhof erst 2010 zu schließen. Laut Meichsner gab es schon 1997 einen Antrag, den Flughafen zu schließen. Der sei aber modifiziert worden und beschränkte sich dann auf ein Ende der Betriebspflicht.

In der Senatsverwaltung für Verkehr mochte man sich gestern zu einem Schließungsantrag nicht festlegen: Man sei an jeder Lösung interessiert, die die Verluste minimiere, sagte eine Sprecherin lediglich. Dem Vernehmen nach wollen sich die BFG-Gesellschafter bereits heute inoffiziell verständigen. Die FDP-Fraktion forderte gestern, einen Sonderausschuss des Abgeordnetenhauses einzurichten.

Tempelhof beschäftigt heute Abend für rund eine halbe Stunde auch das Plenum des Bundestags. Ein von Berliner CDU-Abgeordneten initiierter und hauptsächlich von FDPlern unterstützter Antrag fordert, Tempelhof offen zu halten, bis Schönefeld ausgebaut ist. Unter den 62 Unterzeichnern des Antrags finden sich neben 4 SPDlern auch 2 grüne Bundesparlamentarier. „Das ist unfassbar für mich, wie man als Grüne so etwas unterstützen kann“, empört sich die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Claudia Hämmerling

Einer der grünen Unterstützer verließ vorgestern aus anderen Gründen den Bundestag. Die andere, Petra Selg aus Friedrichshafen, begründete ihre Haltung mit wirtschaftspolitischen Gründen: „Tempelhof soll ruhig schließen – aber erst, wenn sicher ist, dass Schönefeld in Betrieb geht. Und wenn ich mir die ganzen Klagen angucke, wage ich das zu bezweifeln.“ Der Verkehrsexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Albert Schmidt, wies darauf hin, dass diese Haltung nicht Fraktionsmeinung sei. „Aber ich bin nicht die Gesinnungspolizei bei uns, wir haben frei gewählte Abgeordnete.“