Kafka im Kino

Eine 3sat-Reihe zeigt, wie Kafka verfilmt werden könnte. Heute: Orson Welles und „Das Schloss“ (22.25 Uhr)

„Kafka ist gar nicht so kompliziert“, versicherte Maximilian Schell 1968 während der Arbeit an seiner und Rudolf Noeltes Verfilmung des Romans „Das Schloss“, die erst vier Jahre später für wenige Wochen in die deutschen Kinos kommen sollte, „er hat sogar eine gewisse Verwandtschaft mit Valentin“.

Mit diesem gewagten Hinweis auf die Verwandschaft der düsteren Welt des 1883 in Prag geborenen Kafka und der anarchischen Komik des gerade mal ein Jahr älteren Münchners Karl Valentin war die Chance skizziert, bei der filmischen Auseinandersetzung mit Kafkas Werk einen unerhörten Ton anzuschlagen. Denn Irrwitz, so beklemmend er auch ist, beruht immer noch auf Witz.

Doch die Abgrundtiefe der so wirklichkeitsnahen Phantasmagorien war offenbar zu mächtig. Das zeigt einmal mehr der Überblick über Film- und Fernsehproduktionen, den 3sat in diesen Wochen als Literaturschwerpunkt unter dem Label „Kafka“ präsentiert.

Der Zuschauer von Welles’ „Der Prozess“, so polemisierten seinerzeit die Kritiker, könne sich allenfalls an der barocken Gewalttätigkeit einzelner Einfälle, an den über ihn hereinbrechenden Bildern der Weitwinkelkamera von Edmond Richard delektieren. Und der dritte von Kafkas unvollendeten Romanen, „Amerika“? Danièle Huillet und Jean-Marie Straub hatten 1983 die präzise Bildhaftigkeit der literarischen Vorlage zugunsten eines neu zusammengestellten Dialogs reduziert – und dabei auf die im selben Jahr verlegte Werkausgabe des Fischer-Verlags zurückgegriffen. Vielleicht ist es gerade diese Arbeit an der Sprache, die „ihren“ Kafka auch im TV-Format funktionieren lässt – im Gegensatz zu den optisch gesättigteren cineastischen Werken.

Zumal es keine echte Verfilmung ist: „Der Einzige“, glauben sie, „der Kafka hätte verfilmen können, wäre der Stroheim gewesen.“ Stroheim, selbst noch Zeitgenosse von Kafka, hätte wohl auch den nötigen Humor dafür mitgebracht.

HENDRIK FEINDT