Kein Engpass in deutschen Apotheken

Der Zuwanderungsrat will 25.000 Fachkräfte ins Land holen – auch Pharmazeuten. Branche sieht keinen Bedarf

BERLIN taz ■ Mit seinem Vorschlag, 25.000 ausländische Fachkräfte für „Engpass“-Branchen anzuwerben, hat der Zuwanderungsrat heftige Kritik aus Union und SPD auf sich gezogen. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos warf dem Expertengremium „Zynismus“ vor. Angesichts von mehr als vier Millionen Arbeitslosen sei der Ruf nach zusätzlicher Zuwanderung „völlig absurd“. Obwohl das Konzept eine Vorrangprüfung für deutsche Bewerber vorsieht, warnte auch der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz davor, „dass wir jetzt die Türen offen machen für Zuwanderung in den Arbeitsmarkt von außen“. Dies könnte zu „großem Unfrieden“ führen.

Im Zuwanderungsrat hält man diese Warnungen jedoch für unbegründet. Kein von Arbeitslosigkeit bedrohter Deutscher müsse sich vor den ausländischen Fachkräften fürchten, versicherte Ratsmitglied und Wirtschaftswissenschaftler Gert Wagner der taz: „Sollten zum Beispiel bei Opel Ingenieure entlassen werden, wären diese für Firmen, die offene Stellen haben, viel interessanter als Ausländer.“ Zudem sei es unwahrscheinlich, dass überhaupt 25.000 Fachkräfte bereit wären, nächstes Jahr in die Bundesrepublik zu kommen: „Deutschland hat nämlich überhaupt keine Reputation als Zuwanderungsland.“

Verwunderung lösten das Expertenpapier in einigen darin erwähnten „Engpass“-Branchen aus. Laut der Bundesvereinigung der Apothekerverbände kann seit „einigen Jahren“ keine Rede mehr von einem Fachkräftemangel sein: „Wir haben inzwischen sogar eine geringe Arbeitslosigkeit“, sagte eine Sprecherin. Die ebenfalls erwähnte Versicherungswirtschaft sucht zwar Fachleute für Lebensversicherungen. Die offenen Stellen könnten jedoch „unmöglich“ mit Zuwanderern besetzt werden, sagte Jörg Müller-Stein vom Arbeitgeberverband der Versicherer. Selbst deutsche Fachleute durchschauten kaum noch das hiesige Paragrafendickicht.

Die Beispiele zeigen nach Ansicht von Elmar Hönekopp vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, wie schwierig Prognosen für den Arbeitskräftebedarf sind. Die Vorschläge des Rates beruhen nach seinen Informationen auf bis zu zwei Jahre alten Zahlen. Hönekopp wertet das Sachverständigen-Konzept deshalb nur als „ersten Schritt“ hin zu einer Lösung. ASTRID GEISLER

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