Express-Abi für Bayern

Stoiber will Abitur schon nach acht Jahren. Auch an der Uni muss es schnell gehen, sonst drohen Studiengebühren

MÜNCHEN taz ■ In Bayern geht künftig alles schneller. Die Erteilung von Baugenehmigungen zum Beispiel. Oder die Gründung eines Unternehmens. Und natürlich die Vergabe des Abiturzeugnisses. Nur noch acht Jahre sollen Schüler im Freistaat künftig das Gymnasium besuchen, nach der zwölften Klasse ist Schluss. Das verkündete Ministerpräsident Edmund Stoiber gestern in seiner Regierungserklärung vor dem bayerischen Landtag. Damit bei der Bildung dann alles noch schneller geht, sollen Kinder bald schon mit fünf Jahren eingeschult werden können. Außerdem will Stoiber Studierende bei Überschreitung der Regelstudienzeit mit Strafzahlungen belegen. Studiengebühren sollen eingeführt werden, sofern das Bundesverfassungsgericht einem CSU-Antrag zustimmt.

Neben der Bildung waren vor allem die geplanten Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst und die grundlegende Reform der Verwaltung die wichtigsten Themen in Stoibers Rede. Die Wochenarbeitszeit für sämtliche Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Bayern soll auf 42 Stunden verlängert werden, den bisherigen Tarifvertrag über die 38,5-Stunden-Woche wird der Freistaat zum Jahresende kündigen. Gleichzeitig kündigte Stoiber einen erheblichen Personalabbau an und betonte, dass er sein Sparprogramm auch „gegen harten Widerstand“ durchsetzen werde – oberstes Ziel sei es, bis 2006 einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorzulegen.

Mit seinen ehrgeizigen Vorhaben setzt sich Stoiber selbst erheblich unter Druck. Seine dritte Amtszeit als Regierungschef dürfte die schwerste werden. Denn ein Regierungsprogramm, das im Wesentlichen aus Streichen, Sparen, Kürzen besteht, dürfte nicht nur massive Proteste hervorrufen, es zeigt auch, wie schlecht es nun auch um die Finanzen Bayerns steht. Die fetten Jahre sind vorbei, das Tafelsilber des Freistaates ist fast komplett privatisiert, der Finanzminister hat bereits eine Haushaltssperre verhängt. Und im Parlament meldete sich gestern die schon totgeglaubte Ein-Drittel-Opposition zu Wort, um Stoiber scharf zu attackieren: Franz Maget, der Fraktionschef der SPD, warf Stoiber vor, Lehrer, Schüler und Beamte vor der Landtagswahl dreist angelogen zu haben, und rief die CSU spöttisch auf, doch mal über einen „Lügen-Untersuchungsausschuss“ nachzudenken. Zudem sei die geplante Reform der Verwaltung nicht das von der Landesregierung gepriesene Modell für Deutschland, da die CSU den Apparat schließlich selbst aufgebläht habe.

Edmund Stoiber hörte von der Regierungsbank zu und sah nicht glücklich aus. Möglicherweise geht in Bayern doch nicht alles so schnell. Etwa die Umsetzung seines Regierungsprogramms. JÖRG SCHALLENBERG