Schwarz-grüne Koalition mauert

Umstrittenes Bettlerpapier der Hamburger Polizei findet weiterhin Anwendung – auch wenn die mitregierenden Grünen protestieren. Versuche der Opposition, Auskunft über die Umsetzung des Papiers zu bekommen, scheitern

Die polizeiliche Handlungsanweisung zur Vertreibung von Obdachlosen, Punks und Alkoholikern aus der Hamburger Innenstadt sorgt immer noch für politischen Zündstoff. Mit ihrer Mehrheit fegte die schwarz-grüne Regierungskoalition am Freitagabend einen Antrag der rot-roten Opposition vom Tisch des Bürgerschafts-Innenausschusses, sich mit dem Papier zu befassen. Sie habe „keine Lust“, über ihre Konsultationen mit Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) Bericht zu erstatten, sagte etwa die grüne Innenpolitikerin Antje Möller. „Die Koalitionspartner reden sehr viel miteinander.“

Zuvor hatte der schwarz-grüne Senat auf eine kleine Anfrage der Linkspartei hin eingeräumt, dass das Bettlerpapier weiterhin Handlungsanweisung für die eingesetzten Polizisten sei. Lediglich ein Absatz sei geändert worden – er sei „missverständlich“ formuliert gewesen.

Um welchen Absatz es sich handelt, lässt die Senatsantwort offen. Die Lageeinschätzung, die von einer Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgehe, bleibe jedenfalls aufrechterhalten. Jugendliche der „Emotionalen Hardcore“-Szene hätten mehrfach die Szenerie in der Innenstadt beherrscht. Immerhin: Der Senat räumt nun ein, dass Betteln und Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit keine Platzverweise rechtfertigen.

„Es gibt viele Fragen, aber keine Antworten“, sagte die Innenexpertin der Linkspartei, Christiane Schneider. Auch der Innenpolitiker der SPD-Fraktion Andreas Dressel drängte auf Aufklärung und musste sich von CDU-Innensenator Ahlhaus „schlechten Stil“ vorwerfen lassen: Da hatte der Sozi unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ Antworten erhaschen wollen.

Das strittige Papier war im Februar durch die taz der Öffentlichkeit bekannt geworden. In der Handlungsanweisung wurden Polizisten angehalten, gegen randständige Gruppierungen vorzugehen. Die Hamburger Grünen werteten dies zunächst Bruch des Koalitionsvertrages: Der schließt die Vertreibung von Obdachlosen aus dem öffentlichen Raum ausdrücklich aus. Trotz aller Geheimdiplomatie konnte die Grüne Möller dem schwarzen Senator nur die vage Zusage abringen, nicht nach äußerlichen Kriterien vorzugehen.

Inzwischen gibt es aber Hinweise von Diakonischem Werk wie auch von VerkäuferInnen des Obdachlosen-Magazins Hinz&Kunzt: Demnach werden in Hamburg zunehmend Platzverweise gegen Obdachlose ausgesprochen. KAI VON APPEN