Urdrüs wahre kolumne
: Düpiert und unamüsiert

Ich habe ja reineweg gar nichts dagegen, jeder Bremer Kindergartengruppe eine zweite und von mir aus auch dritte oder vierte Erzieherin an die Seite zu stellen. Dass aber die Kurzen bei ihrem vorgestrigen Laternenlaufen nicht einfach rabimmelrabammelrabumm durch die Straßen zogen, sondern das Ganze von der engagierten Erwachsenenwelt der Initiative „Weitblick“ mit dem gruselig-gouvernantenhaften Kirchentagsmotto „Euch soll ein Licht aufgehen“ als Sternmarsch für die Forderung nach der zweiten Fachkraft befrachtet wurde, geht mir bei allem Verständnis für diese Forderung zu weit. Kindsein heißt, Dinge um ihrer selbst willen zu tun. Und wenn ich noch einmal auf einer Pädagogen-Demo richtig nette Jungen und Mädchen mit dem neckischen Schildchen „Wier wollen mer Lerer“ erwische, kriegen die organisatorischen Hintermänner aber so was von eingeschenkt, dass sie ihre Kindstümlichkeit für die nächste Zeit mal in der Kramkiste lassen.

In der trauten Residenzstadt Bückeburg stoße ich auf ein Backwarengeschäft, das allen Ernstes als „Brötchen-Boutique“ firmiert. Die gegenüberliegende Fleischerei hat die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt und verzichtet einstweilen noch auf dezente Leuchtwerbung als Schnitzel-Manufactur, Wurstothek oder Rouladen-Studio. Kommt wohl noch...

Die ohnehin stets für allerhand Menschelei gute und dabei oft auch recht lecker formulierende „Präsidialabteilung Pressestelle“ der Polizei Bremen lässt uns dieser Tage „eine fast unglaubliche Geschichte“ aus dem Revier Kattenturm wissen. Dort meldete eine 51-jährige Frau den Diebstahl ihres Portemonnaies mit 50 Euro Bargeld aus dem Einkaufsbeutel, wozu die Pressestelle erklärt: „Traurig, aber wahr. Hinweise auf den oder die Täter konnte sie nicht geben“. Stunden später erschien dieselbe Dame, um einen 50-Euro-Schein abzugeben, den sie soeben auf dem Gehweg gefunden hatte. „Ob so viel Ehrlichkeit – gehe jeder in sich und prüfe sich selber!“, kommentiert dies die polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit. Als schlichter Christenmensch denke ich mir zugleich: Man muss dem lieben Gott auch die Möglichkeit geben, einem im Unglück durch seine gute Fügung zu helfen!

Ein paar Tage zu spät fragt mich ein mittelalterlicher Herr mit reichlich süddeutschem Akzent nach dem Weg zum Freimarkt und natürlich kann ich ihm nur noch bedauernd sagen, dass er dafür bis zum nächsten Jahr warten müsse: „So viel Zeit habe ich nun auch nicht – das hätten die mir doch im Reisebüro sagen können!“ Wie gut, dass dieser düpierte Mensch nicht schon vor zwei Jahren bei der TUI das Spacepark-Arrangement gebucht hat...

Sehr geehrter Herr Polizeipräsident! Ich befürchte, dass Sie um eine komplette Außerdienststellung sämtlicher Beamter der Polizeiwache Sandstraße nicht umhinkommen, denn die Tatsache, dass dort nach dem Studenten Tim Koehne auch ein 46-jähriger Verkehrsteilnehmer krankenhausreif bzw. „durch außerordentliche Gewalteinwirkung“ zum Invaliden wurde, zeugt von einem überhohen Aggressionspotenzial, wie dies bei Dementen häufig festzustellen ist. In Verbindung mit der Tatsache, dass derartige Vorfälle dort auch von einer Totalamnesie aller beteiligten Beamten begleitet sind, erscheint die Einweisung zur amtsärztlichen Untersuchung als unumgänglich. Nicht, dass die am Ende kollektiv Amok laufen. Rechtzeitig gewarnt hat Sie jedenfalls

Ulrich
„Staatsbürger“ Reineking