Versicherung gegen Not und Elend

Das ganze Leben lässt sich mit Geld absichern, meint der US-Ökonom Robert Shiller

HAMBURG taz ■ Die Welt als Versicherung. So lautet die Vision von Robert J. Shiller, prominenter Ökonom der Yale University. Der Amerikaner gehört zu den wenigen liberalen Wissenschaftlern, die das Ende des Börsenbooms vorausgesagt hatten. Nun will er unser Leben versichern.

Reichtum, Arbeitslosigkeit oder Staatspleiten folgen den Regeln der Wahrscheinlichkeit. Shiller schlussfolgert daraus, dass selbst gegen Not und Elend ein Versicherungskraut gewachsen ist und wir uns dagegen schützen können wie gegen einen Wasserschaden. Der amerikanische Popstar der Ökonomie plädiert für eine neue globale Finanzordnung, für eine weltweite Superversicherung.

„Das Konzept ist immer dasselbe“, behauptet der Nebenberufsunternehmer, und es sei simpel. Ein bestimmtes Risiko, wie der Verlust des Einkommens eines Arbeiter oder der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts der Bundesrepublik, wird versichert, indem alle Lohnabhängigen, Firmen oder Staaten in einen gigantischen Assekuranz-Topf einzahlen oder über Börsen und Finanzmärkte ihre Risiken handeln und ausgleichen. Dadurch werde das Wagnis weltweit gestreut und damit berechenbar.

Shiller weitet den Versicherungsgedanken radikal aus. Das ganze ökonomische und soziale Leben soll über eine globale Risikostreuung erleichtert werden, indem die Gefahren auf viele Menschen, Unternehmen und Länder verteilt werden. Zwar will Shiller nicht die „schöpferische Zerstörung“ im Kapitalismus beenden, aber er will die negativen Folgen abpolstern. So fordert er eine Steuer gegen Einkommensungleichheit. Er begründet dies mit den Schäden, wenn sich die Einkommensschere, wie in Deutschland, noch weiter öffne.

Ganz nagelneu sind Shillers Ideen, die er letztlich aus den Bismarck’schen Sozialreformen ableitet, nicht. In der Fachwelt wird seit den Neunzigerjahren über alternative Risikofinanzierungen etwa für Kriege diskutiert. Immerhin können Getreideernten bereits an der Börse gegen Frost und Sturm wetterfest gemacht werden, und Großrisiken wie die Fußball-WM 2006 werden auf dem Kapitalmarkt versichert. Die soziale Seite von Shillers Plan wäre sogar ein gutes Geschäft und trifft in der Assekuranz auf Zustimmung: Das Versicherungs-Journal fordert „ein professionelles Risikomanagement“ für „normale Menschen“. Private Versicherungsverträge gegen Arbeitslosigkeit oder den Wertverfall des Eigenheims gebe es zwar schon, sie hätten sich aber bislang nicht gut verkauft. Auch eine Lebensstandard-Police halten Experten für machbar. Und der Bremer Ökonom Rudolf Hickel nennt Shillers Ansatz zwar „überzogen“, aber doch „produktiv spinnert“.

Als sperriger zeigen sich bislang die globalen Finanzmärkte, denen Shiller ihre Krisenausschläge austreiben will.“ HERMANNUS PFEIFFER

Robert J. Shiller: „Die neue Finanzordnung“. Campus Verlag, 34,90 Euro