Noch nicht alles gebacken

Jürgen Flimm bleibt fröhlich, seine Mannschaft auch. Der neue Intendant der RuhrTriennale verriet erste Eckdaten. Vieles bleibt, manches ist neu, drei Jahre ist der Event finanziell abgesichert

VON PETER ORTMANN

Der neue Intendant der RuhrTriennale heißt für drei Jahre Jürgen Flimm. „Eigentlich ist diese Zeitspanne zu kurz, um richtig planen zu können“, sagt er. Fünf Jahre seien besser. Gestern stellte er im Hauptquartier von Veranstalter KulturRuhr GmbH im Gelsenkirchener Rheinelbe-Park seine Mannschaft vor und verriet die ersten Eckpunkte des neuen Programms. „Wir haben noch nicht alles gebacken bekommen“, lacht der saloppe Kölner in Cordhose und Jeanshemd, aber alle seien immer fröhlich.

Nach der „Wiedererrichtung des Himmels“ durch Triennale-Urvater Gerard Mortier folgt nun Flimmms Weg nach Innen. Ihn interessiert im ersten Jahr die Deutsche Romantik und ihr Widerspruch zwischen „der Seele, die ihre Flügel ausspannte“ und dem gleichzeitigen Aufbruch in die industrielle Phase im Revier. Dichter Jean Paul war damals Bergwerksdirektor. Hebbel, Humboldt, alle hatten damit zu tun, sagt Flimm. ETA Hoffmann schrieb 1818 „Die Bergwerke zu Fallun“, um diesen Text kümmert sich bereits die Regisseurin Andrea Breth. „Vorsicht“ flüstert Jürgen Krings, der neue Geschäftsführer der Kultur Ruhr GmbH. Der Nachfolger von Peter Landmann will Flimms Mitteilungsbedürfnis bremsen. Schon Mortier verriet immer mehr, als er sollte. Doch einige Namen kamen noch ans Tageslicht. Luc Perceval, Johan Simons, Hans Neuenfels. Alvis Hermanis aus Lettland will sich bald in die ehemalige Maschinenhalle in Gladbeck einnisten. Aber auch Roberto Ciulli aus Mülheim ist wieder im Gespräch und darf hoffen. Im zweiten Jahr soll die helle Kraft des Mittelalters locken. In der Gral-Thematik lägen noch viele Themen, im Volksgut auch, sagt Flimm. Hier werde dann die Aufklärung vor der Aufklärung analysiert und die kulturelle Bewahrung in einem düsteren Zeitalter.

Bewährte Triennale-Marken wie die so genannte Creationen-Serie oder das Century of Songs werden weitergeführt. Ein Literaturprogramm, eine Kinder-Theaterakademie und eine eigene Zeitung sind in Planung. Nur bei der bildenden Kunst, da hapert es noch. „Wir machen da nichts, nur um das abzuhaken“, sagt Flimm. Bei ihm ist im Gegensatz zu Mortier alles unaufgeregter, bodenständiger, scheint fern der internationalen Sphären, die beim kulturellen Lieblingskind der rotgrünen Landesregierung früher en vogue waren. „Der hat das Festival toll an den Markt gebracht und eine Hürde gesetzt“, lobt er seinen Vorgänger, der jetzt die Pariser Oper leitet. Mit ihm plane er „natürlich das eine oder andere Projekt“ und mit dem gefeuerten Ruhrfestspielchef Frank Castorf, der hier eine riesige Fangemeinde habe. „Wenn der Heimweh hat, kann er das hier abarbeiten“, sagt Flimm und seine Augen blitzen fröhlich, als er dem Festspielhaus in Recklinghausen einen Korb gibt: “Da sollen die schön selber spielen.“

Auch Flimms 115,5 Millionen Euro Etat wurde von der Landesregierung bereits abgesichert. Egal wie die kommenden Landtagswahlen auch ausgehen. Doch der vorprogrammierte Ärger wartet im Detail. Flimm verteilt die Millionen Euro auf jedes Jahr gleich. Kein Aufgalopp, keine Restgeldverwertung, wie im letzten Mortier-Jahr. Dafür reduziert er auch die Spielzeit auf drei Monate am Ende des Jahres und die Spielorte auf vier Städte. Bochum, Duisburg, Essen und Gladbeck sind die Auserwählten, der Rest darf auf kleinere Kooperationen hoffen. In Dortmund, Gelsenkirchen, Herne und der Peripherie wird darüber kaum rheinischer Frohsinn ausbrechen. „Alles wird gut“, lacht Flimm.