Fesseln fürs Schicksal

Wer sein Versicherungsbudget verplant, sollte die richtigen Prioritäten setzten: Die Größe der möglichen Katastrophe sollte dabei als Leitlinie gelten, nicht die Häufigkeit von Schadensfällen, rät die Verbraucherzentrale. Privathaftpflicht unabdingbar

Risiken, die die Existenz bedrohen, müssen zuerst abgesichert werden

Von Gernot Knödler

Versicherungen sind etwas für Schicksalsschläge. Dazu zählt nicht, dass einem das Fahrrad abhanden kommt oder man in einen Rechtsstreit verwickelt wird, sondern dass man seinen Beruf nicht mehr ausüben kann oder aus Fahrlässigkeit das Haus abbrennen lässt. „Die existenzbedrohenden Risiken müssen zuerst abgesichert werden“, rät Edda Castello von der Verbraucherzentrale. Aus ihrem Beratungsalltag weiß sie, dass vielen Menschen das nicht klar ist – und die Demoskopen geben ihr Recht.

Bei einer Allensbach-Umfrage aus diesem Jahr gaben 43,5 Prozent der Befragten an, sie hätten eine Rechtsschutzversicherung, 77,7 Prozent nannten eine Hausratversicherung, immerhin 69,9 Prozent eine Haftpflichtversicherung, aber nur 22,7 Prozent eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Eine Prioritätenliste von Verbraucherschützern sieht anders aus (siehe Kasten).

„Die Kosten eines Rechtsstreits sind nicht schicksalhaft“, sagt Castello, „der bringt Sie nicht an den Bettelstab“. Bei Berufsunfähigkeit dagegen ist das Ersparte ruckzuck aufgezehrt. Für die meisten bleibt über kurz oder lang nur der Gang zum Sozialamt. Für die rund 400 Euro, die eine Rechtsschutzversicherung im Jahr koste, könnte sich ein 30-Jähriger eine Rente von 500 Euro monatlich im Falle einer Berufsunfähigkeit sichern.

Auch eine Fahrradversicherung ist im Vergleich teuer, denn die Summen, die ersetzt werden, sind bezogen auf die Prämie gering. „Die Kosten einer Versicherung richten sich nach dem Risiko“, sagt Castello. „Da, wo viel passiert, sind die Prämien hoch.“ Aus Sicht der Verbraucher dagegen sei nicht entscheidend, ob ein Schaden wahrscheinlich ist, sondern wie fatal der Schaden wäre. Leider stünden vielen Verbrauchern, wenn sie überhaupt über das Thema nachdächten, vor allem die alltäglichen Risiken vor Augen, weshalb sie am Ende mit dem falschen Versicherungsportfolio dastünden.

Neben wenig sinnvollen Versicherungen, etwa einer Geräteversicherung, die Reparaturkosten abdeckt, oder einer Glasbruchversicherung, gibt es schlicht unnötige Versicherungen, etwa die Insassenunfall-Versicherung für den Fall, dass Mitfahrer im Auto verletzt werden. Das sei von der Haftpflichtversicherung des Autohalters gedeckt, sagt Castello.

Eine Privathaftpflichtversicherung gehört aus Sicht der Verbraucherschützer unbedingt ins Portfolio. Sie deckt Schäden, die der Versicherte „fahrlässig“ Dritten zufügt. Die Versicherung deckt damit eine Pflicht zur Haftung, die sich aus dem Paragraphen 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergibt. Wer im Laden versehentlich ein Lampenregal umreißt oder wer das Pech hat, dass seine Waschmaschine ausläuft, dem hilft diese Versicherung. Unfälle mit dem Auto, dem Surfbrett und dem Motorboot werden nach Angaben der Verbraucherzentrale von einer Privathaftpflichtversicherung nicht abgedeckt.

Ebenso wenig abgedeckt sind Schäden, die der Versicherte an geliehenen, gemieteten oder gepachteten Gegenständen verursacht. „Dagegen können Sie sich nicht versichern“, sagt Bernd Castagne vom Fairsicherungsladen in Eppendorf. Auch eine Hausratversicherung hilft hier nicht weiter. Diese zahlt nur bei Feuer, Einbruch, Schäden durch Leitungswasser, Sturm und Hagel.

Vandalismus, wenn ein Einbrecher den Schrank umwirft oder aus Frust das Designersofa aufschlitzt, sei in der Hausratversicherung immer schon enthalten gewesen, sagt Costello. Damit hätten die Versicherungen erst argumentiert, als sie andere Schäden wie etwa Fahrraddiebstahl von der Hausratversicherung ausnahmen. Wer seine Ming-Vase beim Abstauben fallen lässt oder mit dem Bierseidel den Couchtisch zerkratzt, hat dagegen Pech gehabt.

Damit ein Schaden überhaupt ersetzt wird, muss der Versicherte nachweisen, was er zu Hause hatte. Am besten behält er die Quittungen. Für den Fall, dass die Wohnung abbrennt, könne man die „in ein Bankschließfach legen oder dem Versicherungsmakler geben“, sagt Castagne.

Wichtig sei, dass der Wiederbeschaffungswert der Gegenstände versichert werde, rät auch der Bund der Versicherten. Am besten sei es, den Wert der versicherten Sachen alle paar Jahre neu zu ermitteln.