Die Grünen wollen den Reichen ans Vermögen

Eine stärkere Besteuerung ist in der Grünen-Fraktion kein Tabu mehr. Ströbele-Vorschlag stößt auf Zustimmung

BERLIN taz ■ Die Fraktion der Grünen plant eine Initiative zur stärkeren Besteuerung der wohlhabenden Bundesbürger. Basierend auf dem Vermögensteuer-Vorschlag des grünen Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele tüfteln der Wirtschaftspolitiker Fritz Kuhn und die finanzpolitische Sprecherin der Fraktion, Christina Scheel, an einem Entwurf, der eine Novellierung der Erbschaftssteuer, einen Abbau von Ausnahmetatbeständen und Maßnahmen gegen den Umsatzsteuerbetrug einschließt. Als Ströbele am Donnerstag der taz ein Interview gab, war er skeptisch, wie die Fachpolitiker seiner Fraktion auf seinen Vorstoß zur Vermögensteuer reagieren würden. Doch Scheel und Kuhn reagierten positiver als erwartet.

Ströbele schlägt vor, Vermögen über einen Freibetrag von 200.000 Euro jährlich mit einem Prozent zu besteuern. Die Steuerschuld kann verrechnet werden gegen die Einkommensteuer, die fällig wird, wenn das Vermögen Gewinne abwirft. Dies ist das Mindeststeuerprinzip, das in Holland Gesetz ist. Vor allem diese Verrechnung ist es, die Scheel und Kuhn, aber auch der Sozialpolitikerin Thea Dückert gefallen. Man müsse allerdings die holländischen Erfahrungen sorgfältig auswerten, sagte Scheel der taz. In Holland wurden viele Ausnahmeregeln für die Mindeststeuer gemacht.

Ströbele erwartet Steuereinnahmen von um die 16 Milliarden Euro durch seine Steuer. Scheel möchte darüber hinaus den Umsatzsteuerbetrug stärker angehen: „Hier gehen jährlich 18 Milliarden Euro verloren.“ Schließlich will Scheel auch überprüfen, wie man den Mittelstand entlasten kann, um die Mehrbelastung dieser Bevölkerungsgruppe durch die von den Grünen angestrebte Bürgerversicherung zu finanzieren. Scheel und Kuhn wollen ihre Vorstellung morgen in einer fraktionsoffenen Runde mit Experten diskutieren –darunter Lorenz Jarass von der Fachhochschule Wiesbaden, auf dessen Arbeit Ströbeles Vorschläge gründen.

Auch der Bundesvorstand befasst sich heute mit der Steuer. Die Partei ist in dieser Frage der Antreiber, schließlich geht Ströbeles Engagement auf den Parteitagsbeschluss von Cottbus zurück. Einschneidende Änderungen der Sozialsysteme hat man bereits auf den Weg gebracht. „Jetzt ist der Zeitpunkt, zu diskutieren, wie stärkere Schultern einbezogen werden können“, sagte Parteichef Reinhard Bütikofer der taz. „Natürlich reden wir noch über verschiedene Instrumente, aber die müssen ja nicht gegeneinander ausgespielt werden.“ MATTHIAS URBACH