Bauern verweigern den Gen-Mais

Sachsen-Anhalt setzt auf die Grüne Gentechnik. Schon nächstes Jahr sollen dort die ersten Gen-Samen im Großversuch sprießen. Der Unterstützung der Landwirte glaubte sich die Magdeburger Regierung so sicher – bis zum letzten Freitag

aus Magdeburg WOLFGANG LÖHR

Sachsen-Anhalts Fortschrittsinitiative zur Grünen Gentechnik ist überraschend ins Straucheln geraten. Die Magdeburger Landesregierung wollte Fakten schaffen, den umstrittenen Anbau von Genpflanzen zusammen mit Saatgutkonzernen, Pflanzenzüchtern und Bauernverbänden im großen Maßstab erproben. Doch als Wirtschaftsminister Horst Rehberger (FDP) und Landwirtschaftsministerin Petra Wernicke (CDU) am Freitag noch vollmundig versprachen, „wir werden die Vorreiterrolle übernehmen“, hatten sie ihre wichtigsten Partner, die Landwirte, bereits verloren.

Schon seit Monaten liefen die Vorbereitungen. Die großen Biotechkonzerne, Pflanzenzüchter und die in Sachsen-Anhalt ansässigen Landwirtschaftsorganisationen wurden angeschrieben und um Unterstützung für das Genprojekt gebeten. Der Feldversuch soll das „Mit- und Nebeneinander“ der verschiedenen Anbaumethoden klären, er soll Erkenntnisse darüber liefern, wie Genkontaminationen von Nachbarfeldern einzudämmen sind. Dann, letzten Freitag, sollte der große Augenblick sein: Das Magdeburger Wirtschafts- und das Agrarministerium hatten zur Pressekonferenz geladen, auf der eine von 16 Unterzeichnern getragene Absichtserklärung für den Einstieg in den großflächigen Gentech-Anbau bekannt gegeben werden sollte.

Doch daraus wurde nichts. Ohne klare Regeln für die Koexistenz von Gentech-Anbau, konventioneller Landwirtschaft und Ökobetrieben werde es keine Zustimmung zu dem Projekt geben, ließen die Verbände der Landwirte schon im Vorfeld verlauten. Auch müssten für mögliche Schadensfälle Haftungsregeln aufgestellt werden. „Verwundert“ und „mit großer Sorge“ nahmen etwa der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Landesbauernverband Sachsen-Anhalt die Anbauinitiative zur Kenntnis. Der Landesverband, der eigentlich zu den angekündigten 16 Unterzeichnern gehörte, verweigerte denn auch die Unterschrift. Er begründete das mit dem „fehlenden Rechtsrahmen für die Landwirte“.

„Höchst verärgert“ zeigte sich auch der Landvolkverband Sachsen-Anhalt. „Die Einladung war nicht mit uns abgestimmt“, kritisierte deren Hauptgeschäftsführer Jochen Dettmer gegenüber der taz. Den Koexistenzversuchen könne nur zugestimmt werden, wenn vorab vereinbart werde, welche Abstände eingehalten werden müssten, wie Haftung, Informationspflicht und Kontrollen aussähen. Dettmer: „Das haben wir vorab auch deutlich gemacht.“

Minister Rehberger und Wernicke mussten auf der Pressekonferenz eingestehen, dass die Bauern ihnen die Unterstütung verweigern. Sechs von ursprünglich 16 Unterzeichnern sind ihnen geblieben. Allesamt Unternehmen, die seit langem darauf drängen, ihre Gentech-Pflanzen auf den Markt bringen zu können: Pioneer Hi-bred, Syngenta, Monsanto, Bayer CropScience, BASF und die Kleinwanzlebener Saatzucht (KWS).

An dem großflächigen Versuchsanbau, der im nächsten Jahr schon mit insektenresistentem Bt-Mais von Pioneer beginnnen soll, wollen die beiden Minister aber festhalten: Das Memorandum wurde kurzerhand zu einer Diskussionsgrundlage für weitere Verhandlungen mit den Landwirtschaftsverbänden erklärt. Schwierigkeiten könnte der Versuchsanbau aber auch durch das Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin bekommen. Agrarministerin Renate Künast (Grüne) fragte schon einmal vorsorglich in Magdeburg nach, auf welcher Rechtsgrundlage das Genprojekt eigentlich basiere. Schließlich gebe es in Deutschland noch keine Gensorte, die für den großflächigen Anbau zugelassen sei.