Hauptfrau auf dem Vormarsch

Rot-Grün will Gleichstellung der Soldatinnen gesetzlich regeln. Recht auf Teilzeit soll aber bei Auslandseinsätzen nicht gelten. Umstritten sind auch die Bezeichnungen der Dienstränge. Die „Feldwebelin“ könnte den Spott der Kameraden auf sich ziehen

AUS BERLIN COSIMA SCHMITT

Die Mutter in Uniform, die Soldatin mit Karrierewunsch – sie soll künftig mit gestärkten Rechten dem Vaterland dienen. Rot-Grün brachte im Bundestag jetzt einen Gesetzentwurf ein, der die Gleichstellung der Soldatinnen sichern soll. Die Idee: Frauen in der Armee sollen ähnliche Rechte genießen wie Beschäftigte in Bundesbehörden oder Bundesgerichten. Vor allem sollen sie den Dienst an der Waffe mit dem Dienst am Nachwuchs verbinden können. „Ich bin sehr froh über diesen Entwurf“, sagt Irmingard Schewe-Gerigk, Frauenpolitikerin der Grünen. „Die Frauen wollen keine Sonderbehandlung – sondern eine faire Chance, Kind und Karriere zu verbinden.“

Soldaten, die ein minderjähriges Kind oder schwerkranke Angehörige betreuen, sollen künftig Teilzeit arbeiten dürfen. Ein einklagbares Recht auf reduzierte Arbeitszeit, wie es etwa im öffentlichen Dienst gilt, sieht das Gesetz aber nicht vor. Zudem sollen die Regeln so angepasst sein, dass die „Funktionsfähigkeit“ der Armee nicht gefährdet ist, so der Entwurf. Das heißt konkret: Arbeiten Soldatinnen im Ausland, sollen die neuen Regeln nicht gelten. Das aber verärgert nicht nur die Grünen, sondern auch die CDU. Beide sind sich einig: Auch beim Militärdienst im Ausland sollten Eltern Teilzeit arbeiten dürfen – soweit die Lage es erlaubt. „Unser Vorschlag: Der Verteidigungsminister kann die Regeln jederzeit außer Kraft setzen, falls dies dem Einsatz vor Ort schadet“, sagt Schewe-Gerigk.

Drei Jahre nachdem die junge Elektronikerin Tanja Kreil vor dem Europäischen Gerichtshof erstritt, dass auch Frauen Dienst an der Waffe leisten, will das Gesetz die Rechte der Soldatinnen nun umfassend sichern. Etwa 40 Gleichstellungsbeauftragte sollen über das Wohl der Soldatinnen wachen. Außerdem sollen bei gleicher Eignung Frauen bevorzugt eingestellt werden – so lange, bis 15 Prozent der Stellen mit Soldatinnen besetzt sind. Im Sanitätsdienst soll der Anteil sogar bei 50 Prozent liegen. Bislang aber sind erst 5,4 Prozent der Berufssoldaten Frauen.

Die FDP hätte lieber „Zielgrößen“ festgelegt. Auch der Union ist die „starre Quotierung“ suspekt. „Wir wissen, dass sich Männerbünde nicht freiwillig und nicht gerne für Frauen öffnen“, sagt hingegen Schewe-Gerigk. „Wir müssen das mit Gesetzen unterstützen.“ Die Union begreife nicht, was eine Quote bedeute. Frauen würden nicht automatisch befördert, sondern nur, wenn ihr Talent erwiesen ist.

Keine Lösung fanden die Fraktionen bislang für ein Sprachproblem der Militärs: Wie soll sollen sie die weiblichen Führungskräfte benennen? Der Gesetzentwurf besagt: Rechtsvorschriften und Schriftverkehr müssen so formuliert sein, dass sie „die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck bringen“. Für Soldatinnen „können Dienstgradbezeichnungen in weiblicher Form festgesetzt werden“. Die aber, so ergab es eine Umfrage, sind zu 98 Prozent gar nicht erpicht darauf, künftig „Hauptfrau“, „Generalin“ oder „Feldwebelin“ zu heißen. Sie fürchten den Spott der Kameraden. Auch Schewe-Gerigk kritisiert, mit solchen Titeln würden Soldatinnen als „Abweichungen von der Norm“ gebrandmarkt. Sie plädiert für eine „neutrale Form“, die für beide Geschlechtern gleichermaßen gilt. Ob der „Hauptmann“ dann „Hauptperson“ heißen sollte oder wie sonst er sich bezeichnen ließe, „das muss die Bundeswehr selbst überlegen“.

Am Januar 2005 soll das Gesetz in Kraft treten. Bis dahin will Rot-Grün noch an Unterpunkten feilen, damit vielleicht auch die Union die neuen Regeln befürworten kann. Verhindern aber könnte sie sie ohnehin nicht: Das Gesetz braucht nicht die Zustimmung des Bundesrates.