Erfolg ohne Scham

Der KFC Uerdingen mag sich nach dem 1:0-Sieg über Kiel nicht mehr für spielerische Defizite entschuldigen

KREFELD taz ■ Wolfgang Maes hatte keine Lust mehr, sich ein weiteres Mal zu entschuldigen. Immer wieder musste der Teamchef des KFC Uerdingen in den vergangenen Wochen eher ironisch belustigt um Verzeihung bitten, weil sein Team zwar als Sieger vom Platz ging, die Erfolge nach Meinung vieler Beobachter aber ohne spielerischen Glanz und somit unverdient erringen konnte. Am Samstag war das nicht viel anders. Im Match des Spitzenreiters gegen Verfolger Holstein Kiel standen die kämpferischen Aspekte im Vordergrund, die Krefelder siegten aber dennoch mit 1:0 (0:0).

„Das war aber doch verdient, oder?“, fragte Maes später im kleinen Kreis, doch die Antwort war dem 52-Jährigen eigentlich egal. „Wer mehr Tore schießt, gewinnt“, winkte der Coach lapidar ab, als manche darauf hinweisen wollten, dass man in der Grotenburg ja nun nicht den von einem Spitzenreiter erwarteten Leckerbissen gesehen habe. „Das lag am unebenen Platz, diese Schwierigkeiten werden wir im Winter noch häufiger haben“, wollte Maes keine Hoffnung auf Besserung in Aussicht stellen.

Warum auch. Erneut konnten sich die Uerdinger auf ihre Defensive verlassen, die mehrere Drangperioden überstand. Weil beide Teams nicht wirklich gefährlich agierten, blieben hochklassige Torchancen aus, bis Benjamin Baltes eine nahezu perfekte Flanke von Jörg Scherbe zum 1:0 nutzte (60.). Dass die Holsteiner keinen Vorteil aus dem einzigen Uerdinger Patzer ziehen konnten, lag vor allem an Schiedsrichter Stefan Hagen. Als Erdal Eraslan in der 81. Minute nach einem Missverständnis mit seinem Keeper Viatcheslav Sokolov Gegenspieler Patrick Würll zu Boden riss, wertete der Unparteiische die Aktion nicht als Notbremse und beließ es bei einer Gelben Karte.

Auf eine Entschuldigung in Richtung der frustrierten Kieler Gäste verzichtete der KFC-Teamchef aber. „Wenn manchen Leute unsere Vorstellungen immer noch nicht reichen, kann ich auch nichts machen“, sagte Maes, der allerdings auf dem besten Weg ist, in Krefeld so was wie Kultstatus zu erlangen. Mit einem Mini-Etat von einer Million Euro formte der Mann, der früher 20 Jahre die Jugendteams des Vereins betreute, eine gute Mannschaft. „Wir treten halt als Team auf und konnten deshalb auch die spielstärkeren Kieler bezwingen“, meinte Mittelfeldakteur Ilia Gruev, der mit seinen 34 Jahren als Kopf der Mannschaft gilt. Maes stimmt dem gerne zu. „Osnabrück, Kiel oder Düsseldorf haben das Vierfache unseres Etats. Bei uns stimmen aber Herz, Leidenschaft und Charakter. Das ist viel wichtiger“, glaubt Maes, der gehört hatte, dass die Kieler Spieler 900 Euro Prämie für einen Sieg erhalten: „Bei uns gibt es nichts und wir gewinnen trotzdem.“

Am Samstag sogar vor 3.879 Zuschauern – für Uerdinger Verhältnisse eine beachtliche Kulisse. „Künftig müssen mehr kommen. Wir wollen nicht betteln, nur unsere Leistung gewürdigt wissen“, sagte der KFC-Vorsitzende Henning Harke, der nun eine Werbeoffensive im benachbarten Moers starten will. „Der ganze Niederrhein soll aufhorchen, wenn der Name Uerdingen fällt“, wünscht sich Harke.

Seit elf Partien sind die Krefelder ungeschlagen und mussten nur die punktgleichen aber nicht aufstiegsberechtigten HSV-Amateure an sich vorbeiziehen lassen. „Wenn die Serie bis in die Winterpause hält, wird es unheimlich“, sagt Maes lachend. Entschuldigen würde er sich dafür aber auch nicht.

ROLAND LEROI