Das Bett vom Rhein wird immer schmaler

Die „Hochwasserschutzgemeinschaft Köln“ kritisiert die Politik der Stadt. Statt dem Rhein freien Auslauf zu gewähren, engt sie ihn ein und erhöht dadurch die Hochwassergefahr um „entscheidende Zentimeter“, sagt ihr Sprecher Thomas Kahlix

Von Jürgen Schön

„Eine schöne Sache“, lobte Thomas Kahlix die „Gefahrenkarte“, auf der sich die Kölner seit einigen Tagen im Internet darüber informieren können, ob ihr Heim hochwassergefährdet ist. Das waren aber auch schon alle guten Worte, die er am Wochenende bei den „Kölner Hochwassertagen“ im Schokoladenmuseum für das „europaweit einmalige“ Angebot, so die Selbstbewertung der Stadt, fand. Ansonsten gab es vom Sprecher der „Hochwasserschutzgemeinschaft Köln“, einem Zusammenschluss von Bürgerinitiativen und -vereinen, überwiegend Kritik zur Politik der Stadt: Der Internetauftritt kommt zu spät, die Umsetzung des Hochwasserschutzkonzepts wurde verzögert – vor allem aber: Durch Baumaßnahmen am Rhein verstärkt Köln die Hochwassergefahr weiter anstatt sie zu verringern.

„Die Gefährdungskarten liegen schon seit Jahren vor“, sagte Kahlix der taz. Schuld an der späten Veröffentlichung trage der ehemalige Stadtbaudezernent Bela Dören, der dies jahrelang aus „Angst vor dem Vorwurf der Panikmache und möglichen Schadensersatzklagen“ verhindert habe. Auch die Umsetzung des inzwischen „zur Unkenntlichkeit verwässerte“ Hochwasserschutzkonzepts sei unnötig verzögert worden.

Besonders unzufrieden ist Kahlix mit den neuen Wohnungen, die am Rheinauhafen (Kranhäuser) und in Mülheim („Wohnen am Strom“) direkt am Rhein errichtet werden. Bemerkenswert findet er, dass Dören inzwischen Geschäftsführer der Gesellschaft „Modernes Köln“ wurde, die den Ausbau des Rheinauhafens betreibe. „Hier verlegt man den Hochwasserschutz statt landeinwärts direkt an den Strom. Dadurch wird der Flusslauf verengt, das Hochwasser steigt, weil es keine Möglichkeit hat, sich auszudehnen“, beschreibt er die Problematik. „Ich hätte ja nichts gegen diese Projekte, wenn man die Häuser wenigstens auf Stelzen setzen würde“, sagt er, „dann kämen die Touristen nicht nach Köln, um Hochwasser zu gaffen, sondern um modernes, hochwasserangepasstes Wohnen im Strom zu bestaunen.“

Doch nicht nur durch Bauvorhaben würden dem Rhein „Retentionsflächen“ entzogen, also Flächen, die bei Hochwasser überflutet werden und so den Wasserstand senken. Kahlix kann auch nicht verstehen, warum der schwarze Peter an Hessen weitergeschoben werde, solange Köln nicht selber alle Möglichkeiten ausschöpft, solche Räume zu schaffen. Zwar seien schon 10 Millionen Kubikmeter geplant, vor allem am Worringer Bruch und in Porz-Langel, doch ließe sich dieses Volumen „leicht auf das Vierfache vergrößern“. So könnte die Westhovener Aue ausgebaggert, Kaimauern am Deutzer Ufer rückverlegt und hinter dem Poller Deich ein „Notpolder“ angelegt werden. Durch solche Maßnahmen könnte der Hochwasserspiegel „um entscheidende Zentimeter“ gesenkt werden, sagte Kahlix. „Doch die Stadt verkauft wohl lieber hochwassergefährdete Grundstücke als Baugrund und weist oft genug nicht einmal auf diese Gefährdung hin“, vermutet er.

Auch Johannes Feyrer von der Kölner Berufsfeuerwehr übte, wenn auch dezent, Kritik an Bauvorhaben in Flussnähe: „Wer baut, wo regelmäßig mit Hochwasser zu rechnen ist, muss auch die entsprechenden Vorkehrungen treffen. Wir sind nicht die planmäßigen Hochwasserhelfer der Bürger, wir greifen nur ein, wenn eine akute, unvorhergesehene Gefahr eintritt.“

Hochwassergefahrenkarte: www.hochwasserinfo-koeln.de