Den Nazis den Marsch blasen

In Hannover demonstrierten am Samstag NPD-Anhänger und die Antifa – jeweils gegen „Sozialabbau“ und natürlich auch gegeneinander

Kein Apfel, kein Kern: Selbst die NPD-Prominenz bleibt Hannover fern

Hannover/Verden taz ■ Das Publikum stimmt ein, wenn die Hiphoper von Rabellion die Offbeats von „Nazis den Marsch blasen“ anstimmen: „Adolf Hitler. Oh, je“, reimen sie, „doch wenn Nazis marschieren, dann ist das Okay.“ An die 2.000 Menschen haben sich am Samstag auf dem Klagesmarkt versammelt. Unter dem Motto „Nazis wegrocken – Sozialabbau stoppen“ hat das „Antifaschistische Bündnis Hannover“ zu der Aktion aufgerufen. Keine 10 Minuten entfernt am Steintor folgen etwa 800 Menschen dem Aufruf des Bündnisses „Hannover – kein Platz für Nazis“. Sie alle protestieren gegen den Aufmarsch „Sozialabbau, Rentenklau, Korruption – nicht mit uns“ des niedersächsischen Verbands der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ in der Landeshauptstadt.

Es sei bedauerlich, erklärt Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (SPD) auf der Kundgebung am Steintor, dass die Versammlungsbehörden nicht versucht hätten, Rechtsmittel gegen den NPD-Aufmarsch einzulegen. Gerd Bornemann, Landessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), führt indes aus, dass der „Sozialabbau“ der Bundesregierung den Aufschwung der neonazistischen Parteien mitverantworte.

Während der Reden am Steintor stoppt die Polizei die Demonstration vom Klagesmarkt in einer Seitenstraße. Die Demonstranten wollten, wie angekündigt, zur Kundgebung der DGB-Jugend. „Es werden Holzstöcke und Stahlrohre mitgeführt“, erklärt der Einsatzleiter. Aber auch nachdem eine längere Fahnenstange beiseite gelegt und ein Plastikrohr vorgezeigt wurden, bleiben die Einsatzkräfte stehen. Es kommt zum Gerangel. Erst als die Demonstranten vom Steintor der gestoppten Demo entgegenkommen, hebt die Polizei die Sperre auf.

Am Braunschweiger Platz treffen derweil etwa 150 Neonazis ein. Die NPD hatte mit 300 Kameraden gerechnet. Aber nicht nur die einfachen Kameraden ließen sie in Stich, auch die rechte Prominenz. Die angekündigten Redner Thomas Wulff, norddeutscher Chef der Freien Kameradschaften, und Holger Apfel, stellvertretender NPD-Bundesvorsitzender, ließen sich entschuldigen. So erklärten auf den Zwischenkundgebungen stattdessen der schleswig-holsteinische NPD-Chef Uwe Schäfer und der Freie Kameradschaftsführer Dieter Riefling, dass durch den „Kampf auf der Straße“ der „Kampf um die Parlamente“ gewonnen werden soll, um ein „Deutsches Reich“ zu errichten.

Beim Zwischenstopp an der Königsstraße setzt die Polizei eine Reiterstaffel gegen „Störer“ der Neonazis ein. „21 Personen wurden in Gewahrsam genommen“, erklärt der Einsatzleiter. Über 2.500 Beamten waren im Einsatz. Dass nicht alle NPDler aus Verden nach Hannover kamen, hat die NPD wenig überrascht. Die Kader versuchten derweil bei einer Antifa-Kundgebung in der kleinen Stadt gegen das „Neonazizentrum auf dem Heisenhof“ die 250 Teilnehmer zu fotografieren. Andreas Speit