Ich glaube, es wird kein Wunder geschehen

Ortsamtswahl: kaum Chancen für Kandidatin Rösing. CDU, Grüne und PDS wollen geschlossen und SPDler mehrheitlich für den Amtsinhaber stimmen

Jenny Rösing wirbt damit, Entscheidungen nur mit Beiratsvotum treffen zu wollen

Bremen taz ■ Der alte wird der neue sein. Zwar wird erst heute Abend der Ortsamtsleiter Mitte/Östliche Vorstadt gewählt, doch der Gewinner steht bereits jetzt fest: Die Mehrheit der 30 Stimmberechtigten wird Robert Bücking die Stimme geben. Die Beiratsmitglieder der CDU wollen geschlossen für Bücking stimmen, auch die beiden PDS-Abgeordneten sowie die große Mehrheit der Grünen sind für den Amtsinhaber. Ein Meinungsbild der SPD-Ortsvereine hat mit 17:12 ebenfalls eine Präferenz für Bücking ergeben. Aufgrund der Beirats-Entscheidung stellt dann der Innensenator den Ortsamtsleiter ein.

Die einzige Gegenkandidatin Jenny Rösing müsste heute Abend bei der öffentlichen Vorstellungsrunde ein Wunder geschehen lassen, um doch noch eine Mehrheit für sich zu gewinnen. Die SPD immerhin wolle ihre Präsentation abwarten, bevor sie ihr Votum abgibt, sagt die SPD-Beirätin Ulrike Hiller. Sie hätte nichts gegen eine Frau an der Spitze der Stadtteilverwaltung, so Hiller. Sie selbst hatte sich vor kurzem als Leiterin des Horner Ortsamtes beworben und war knapp gescheitert. Über Rösing sagt sie: „Eine fitte Frau, sie macht einen guten Eindruck.“ Als besonderes Plus gilt Hiller, dass Rösing als Ortsamtsleiterin vor allem die Interessen des Beirats vertreten wolle und weniger ihre eigenen. Rösing wirbt damit, „Entscheidungen nicht vorab“ treffen zu wollen, sondern das Ergebnis der Beiratssitzung abzuwarten. Sie sei ausdrücklich keine Politikerin. „Es geht mehr darum, verschiedene Interessensgruppen an einen Tisch zu bringen und Entscheidungsprozesse zu moderieren.“

Robert Bücking hingegen wurde in der Vergangenheit parteiübergreifend vorgeworfen, dass er sich mit eigenen Absichten zu weit aus dem Fenster lehnt. Kurz vor der Wahl werden allerdings die Wogen geglättet: „Wir sind sehr zufrieden“, sagt die Grüne Monika Heuß. Dass Bücking sich nicht auf seine Rolle als Moderator beschränkt, sondern aktiv im Politikgeschehen mitmischt – zuletzt bei seinem Einsatz für ein Naturfreibad am Weserstadion – habe für den Beirat auch Vorteile. „Wir sind ja nur ein ehrenamtliches Gremium und haben nicht immer die Zeit, uns in alle Themen einzuarbeiten.“

Auch die SPD-Frau Ulrike Hiller, die während ihrer Zeit als Beiratssprecherin immer wieder daran erinnert hatte, dass Bücking nur der Leiter des Ortsamtes und nicht des Beirats ist, bescheinigt dem Parteilosen, dass er „sich bemüht“.

Bücking selbst räumt mittlerweile ein, dass er neben sich für den Beirat „Platz machen muss“. „Mir gelingt die Abstimmung nicht immer.“ Trotz alledem: „Ich mache weiter Politik.“ Das sei solange notwendig, bis die Beiräte mehr Einflussmöglichkeiten bekämen. Außerdem liege es nicht nur an ihm, wenn sich die Stadtteilpolitiker übergangen fühlen: „Die müssen nach dem Platz auch greifen.“ Den ehrenamtlichen Politikern fehle oft die Ausdauer, um ihre Interessen durchzusetzen. Als „Scherf des Viertels“ – beliebt beim Volk, bei dessen politischer Vertretung weniger – will er sich nicht bezeichnen lassen. „Ich halte große Koalitionen nur dann für gut, wenn mindestens drei Parteien darin eingeschlossen sind.“

Eiken Bruhn

Öffentliche Vorstellung und Abstimmung durch den Beirat: heute, 19 Uhr, Bürgerhaus Weserterrassen, Osterdeich 70b.