wahlen im kosovo
: Serbisches Eigentor

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, sagte einst Michail Gorbatschow. Die nationalistischen und konservativen Kräfte Serbiens haben diese Spruchweisheit noch nicht verstanden. Was das Kosovo betrifft, verharren sie starrsinnig auf alten, unversöhnlichen Positionen.

KOMMENTAR VON ERICH RATHFELDER

Wieder einmal bestätigt sich, dass radikale Nationalisten nicht nur für andere Völker eine Gefahr darstellen, sondern auch für das eigene. Denn der Wahlboykott schafft für die verarmten Menschen in den serbischen Enklaven, denen wenig mehr als ihre Habseligkeiten geblieben ist, keine Jobs und bringt keine Sicherheit. Wenn 2005 die Weichen für den zukünftigen Status des Kosovo neu gestellt werden, müsste der serbischen Seite eigentlich alles an einer günstigen Ausgangsbasis für die Verhandlungen gelegen sein. Doch offenbar hat man hier noch nicht bemerkt, dass es der UN und den anderen Institutionen der internationalen Gemeinschaft ernst damit ist, eine zumindest mittelfristig tragfähige Lösung für das Kosovo herbeizuführen. So wie jetzt kann es nicht weitergehen: Das Kosovo kostet Geld und bindet internationale Truppen.

Dabei müsste die serbische Regierung unter Vojislav Koštunica doch wissen, dass die internationale Gemeinschaft die albanischen Wünsche nach staatlicher Unabhängigkeit kurzfristig gar nicht erfüllen will – nicht zuletzt wegen der Angriffe albanischer Extremisten auf die Serben des Kosovo im März. Und sie müssten auch wissen, dass bei der Mehrheit der Albaner der Wunsch nach Unabhängigkeit das eine ist, die Angst vor dem Abzug der internationalen Institutionen das andere. Denn ohne internationale Präsenz würde das Land wirtschaftlich zusammenbrechen. Und die Demokratisierung ist trotz der Wahl junger, unverbrauchter und moderater Kräfte ins Parlament noch lange nicht abgeschlossen.

Das jetzt gewählte Parlament, so viel ist sicher, wird mehr Verantwortung erhalten und damit mehr zu entscheiden haben. Die UN-Mission wird in Zukunft nicht mehr ein Protektorat verwalten, sondern wie in Bosnien die Demokratisierung und den wirtschaftlichen Aufbau des Landes überwachen. Für Kosovos Serben wäre eine konstruktive Zusammenarbeit von Vorteil, um aus Agonie und Hoffnungslosigkeit herauszukommen. Eine friedliche Zukunft fällt eben nicht vom Himmel. Man kann nur hoffen, dass sich auf serbischer Seite die moderaten Kräfte doch noch durchsetzen.

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