Gitterblick auf den Strom

Das Städtchen Hitzacker ist im 2002er Hochwasser vollgelaufen. Jetzt soll es durch eine Betonwand geschützt werden. Kritiker befürchten Schaden fürs historische Stadtbild

Die Wand ist ein Eingriff in die Stadt, den sich niemand sorecht vorstellen kann

Hitzacker taz ■ 800 Jahre lang hat Hitzacker im Landkreis Lüchow-Dannenberg die Launen der Elbe ertragen. 800 Jahre feuchte Keller bei Hochwasser, alle paar Jahrzehnte die Elbe auf den Straßen. Nach dem spektakulären Hochwasser von 2002 hat der Jeetzel-Deichverband beschlossen, dass damit Schluss sein soll und den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz (NLWK) gebeten, einen Hochwasserschutz zu bauen. Der Stadtrat sprach sich dafür aus. Die ersten Pläne für das Bauwerk haben jedoch einige Bürger aufgeschreckt: Demnach hätte sich zwischen die Stadt und den Strom eine 2,70 Meter hohe Mauer geschoben. Bei einer öffentlichen Plandiskussion versuchen sie heute, eine stadtverträglichere Lösung zu erreichen.

Klaus Lehmann wohnt in Elbnähe und findet, er kann mit sporadischem Hochwasser leben. Acht Tage habe er Zeit gehabt, sein Hab und Gut in Sicherheit zu bringen. So lange vorher war bekannt gewesen, dass ein Ausnahme-Hochwasser kommen würde. „Als ich mein Haus kaufte, wusste ich, dass ich ins Hochwassergebiet gezogen bin“, schreibt er in der Einleitung zu seinen Einwendungen gegen den Schutzbau. Bei der Beseitigung der Hochwasserschäden sei er vom Staat unterstützt worden und habe sich auf künftiges Hochwasser einstellen können.

Mit dem geplanten Schutzbauwerk hat er sich inzwischen abgefunden, nicht jedoch mit dessen Dimensionen. Die Pläne griffen unverhältnismäßig in das über Jahrhunderte gewachsene Stadtbild ein. „Hitzacker wird eingemauert“, warnt Lehmann.

Dabei ist der NLWK von seiner ursprünglich geplanten Maximallösung bereits abgerückt: Statt – vom Straßenniveau aus gemessen – 2,70 Metern soll die Mauer nur 1,20 Meter hoch werden und bei starkem Hochwasser auf 2,70 aufgestockt werden können. In regelmäßigen Abständen sollen hierfür Stäbe in der Mauer verankert werden, die die Elemente zur Aufstockung der Mauer aufnehmen können.

Ein solches „Spargelstangenkorsett“ sei inakzeptabel, „ein hässlicher Schandfleck“, findet Lehmann. Es würde den Blick auf das Fachwerkensemble Hitzackers von der Elbe und der Straße nach Dannenberg her verstellen. Auch die Stangen sollten daher nur eingesetzt werden, wenn die Hochwasserlage dies erfordere. Beim NLWK will man darüber zumindest nachdenken, ebenso wie über die Lage eines Sperrwerks für die Jeetzel, die bei Hitzacker in die Elbe fließt.

Alleine die Hochwasserschutzwand „ist ein Eingriff in die Stadtlandschaft, den sich die Leute in Hitzacker so gar nicht vorstellen können“, warnt Eckard Seebaß von der Kreisgruppe des BUND. Das Augenmerk der Umweltschützer liegt jedoch auf einem anderen Problem: Werden Hitzacker und die Jeetzel abgesperrt, verliert die Elbe Überflutungsfläche. Die Anlagen seien so konzipiert, dass die Jeetzel-Niederung zwar weiter überspült würde, jedoch nicht mehr so hoch wie heute. 90 Hektar Staufläche gingen auf diese Weise verloren, insgesamt verliere die Niederung eine Staukapazität von acht Millionen Kubikmetern. Noch beim Deichbau in den 50er Jahren sei Hitzacker bewusst ausgespart worden, zumal die meisten Hochwässer die Stadt selbst nicht erreichten. Gernot Knödler