Über Gebühr studiert

Wissenschaftssenator Dräger hat zwei Modelle für Studiengebühren in der Schublade: Kippt Karlsruhe das Gebührenverbot, kommt eine 1.000-Euro-Maut für alle. Bafög würde die Behörde am liebsten abschaffen. Gespräche mit Banken über Darlehen

Von Eva Weikert

Den 9. November erwartet die Wissenschaftsbehörde mit großer Spannung. An diesem Tag verhandelt das Bundesverfassungsgericht eine Klage gegen das bundesweite Verbot von Studiengebühren. Stimmt Karlsruhe zu, will Wissenschaftssenator Jörg Dräger der Öffentlichkeit ein fertiges Gebührenmodell und einen Bankenpartner präsentieren. Die taz hat einen Blick auf die jüngsten Pläne des Parteilosen geworfen: Eine 1.000-Euro-Maut und die Abschaffung des Bafög ist avisiert.

In Drägers Schublade liegen ein „kleiner“ und ein „großer Wurf“, wie seine Sprecherin Sabine Neumann die zwei Gebührenmodelle des Senators betitelt. Noch werde an Details gefeilt. Aber bereits vorige Woche war Dräger in Bremen, um vor Politikern und Hochschulrektoren für seine Ideen zu werben. Denn er will eine bundesweit einheitliche Struktur, damit seine Gebühr Studienortswechsler nicht behindert. „Es darf keinen Flickenteppich geben“, sagt Neumann.

Dass Dräger Gebühren und Studiendarlehen will, ist bekannt. Bei der Höhe der Maut hat er jetzt aber umgedacht. Und auch der „kleine Wurf“ als Alternative zu Drägers „Hamburger Modell“ oder „großen Wurf“ ist neu. Statt wie einst angekündigt, jährlich bis zu 2.500 Euro pro Studierendem zu kassieren, ist der Senator nun auf 1.000 Euro per anno runtergegangen. „Das ist die Höhe“, so Neumann, „die bei uns und in anderen Ländern zurzeit als realistisch gilt.“

Am liebsten würde ihr Chef gleich den „großen Wurf“ machen: Drägers „Hamburger Modell“ sieht ein Darlehen für Studiengebühren und zugleich Lebenshaltungskosten über maximal 8.500 Euro jährlich vor. Als Geldgeber an die Studierenden schlägt der Senator etwa die Kreditanstalt für Wiederaufbau vor. „Wir sprechen mit mehreren Banken“, hält sich Neumann aber bedeckt. Zurückzahlen müssen die Verschuldeten nach dem Examen. Acht Prozent vom Bruttoeinkommen plus fünf Prozent Zinsen sind über Jahre abzustottern. Das geschätzte Ausfallrisiko von jährlich 570 Millionen Euro etwa bei Arbeitslosigleit oder Krankheit obläge dem Staat.

Für mindestens 33 Prozent der heute Eingeschriebenen würden die Kredite reichen, jubelt die Behörde, ohne dabei die 67 Prozent aller Studierenden zu erwähnen, die leer auszugehen drohen.

Doch Dräger weiß selbst, dass ihm sein „großer Wurf“ kaum gelingen dürfte. Voraussetzung dafür wäre nämlich die Abschaffung des Bafög, wofür es erst einer Bundesgesetzesänderung bedarf. Schneller ist es da, neben dem Bafög ein neues Darlehensystem nur für die 1.000-Euro-Studiengebühr zu etablieren.

Dräger begrenzt in seinem neu kreierten „kleinen Wurf“ die Auszahlungsdauer auf fünf Jahre. Die Rückzahlung soll verzinst und einkommensunabhängig im Berufsleben erfolgen. Wer unter 20.000 Euro brutto im Jahr oder gar nichts verdient, wird befreit. Das Riskio tragen bei dieser Variante die Hochschulen, welche für ausfallende Rückzahler einspringen müssen. „Das ist ein guter Steuerungsmechanismus“, so Neumann, der den Unis Druck mache, Studierende für gut dotierte Jobs zu qualifizieren.

Ausgezahlt wird dieses Darlehen nach Drägers Wunsch „möglichst elternunabhängig“ an jeden, der es aufnehmen möchte. Auf die Frage, ob damit alle Studierwilligen zum Zuge kommen, erklärt Sprecherin Neumann: „Nur in der besten aller Welten.“