Hereinspaziert!

Heute entscheiden SPD und CDU, ob Ausschusssitzungen im Potsdamer Landtag künftig öffentlich sind. Dabei kann auch neuer Krach drohen

VON UWE RADA

Die Zeit der Geheimräte in der brandenburgischen Landespolitik ist womöglich bald zu Ende. Wenn die SPD-Fraktion zu ihrer heutigen Sitzung im Potsdamer Landtag zusammenkommt, wird sie auch entscheiden müssen, ob sie dem Votum ihres neuen Fraktionschefs Günter Baaske folgt. Anders als CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek hatte sich Baaske für eine Öffnung der Ausschusssitzungen im Landtag für die Öffentlichkeit ausgesprochen.

Zwar dürfe das Parlament nicht zu einem „Forum für Fensterreden“ verkommen, so Baaske, aber mit einem Mehr an Öffentlichkeit könne er sich durchaus anfreunden. Für die Brandenburger Politik käme eine solche Öffnung einer kleinen Revolution gleich. Seit der Gründung des Landes 1990 arbeiten die Abgeordneten in den Ausschüssen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Im Klartext: Weder Bürger noch Medien können den Volksvertretern auf die Finger schauen. Wohin solche Geheimbündelei führen kann, haben die Fehlinvestitionen am Lausitzring oder bei der Chipfabrik in Frankfurt (Oder) gezeigt. Gleichzeitig wäre eine Öffnung auch ein Signal an die anderen Ostländer. Die arbeiten nämlich weiter so, als wären Demokratie und Kontrolle etwas, was außerhalb der Landtage stattfindet (s. Bericht unten).

Zu den entschiedenen Befürwortern in der SPD gehört auch Esther Schröder. Ein Mehr an Transparenz ist gut für die Demokratie, meint die Abgeordnete. „Wenn die Ausschüsse öffentlich werden, lernen die Bürger ihre Abgeordneten auch bei ihrer Arbeit kennen und nicht nur im Wahlkampf“, hofft sie. Die Gefahr, dass die Ausschüsse zur Bühne für parteipolitisches Gezänk werden, sieht Schröder nicht. „Fensterreden finden auch hinter verschlossenen Türen statt.“

Noch allerdings ist es nicht so weit. Zwar hat sich auch der neue Landtagspräsident in Potsdam, der SPD-Abgeordnete Gunter Fritsch, für öffentliche Ausschusssitzungen ausgesprochen. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Christoph Schulze hält davon aber nichts. Deshalb könnte ein Kompromiss darin bestehen, bestimmte Ausschüsse auch weiterhin ohne Öffentlichkeit abzuhalten, meint SPD-Fraktionssprecher Florian Engels.

Nicht nur die SPD berät heute darüber, ob und wie öffentlich Brandenburg wird. Auch die CDU hat das Thema auf die Tagesordnung ihrer heutigen Fraktionssitzung gestellt. Ob die Fraktion der ablehnenden Haltung von Thomas Lunacek folgt, ist für Fraktionssprecher René Kohl offen. „Es wäre auch möglich, den einzelnen Ausschüssen die Entscheidung selbst zu überlassen“, nennt Kohl eine mögliche Kompromisslinie. Vor allem unter den jüngeren CDU-Abgeordneten gibt es nämlich auch entschiedene Verfechter einer Öffnung.

Sollte sich die SPD heute für, die CDU aber gegen öffentliche Ausschusssitzungen aussprechen, hat die Koalition in Potsdam ein Problem. Im Koalitionsvertrag haben beide Seiten nämlich ausgemacht, sich nicht gegenseitig mithilfe anderer zu überstimmen. Genau das wäre aber der Fall, wenn die SPD mit der PDS stimmt, die sich bereits für eine Öffnung der Ausschüsse für die Öffentlichkeit ausgesprochen hat.

Um eine Koalitionskrise zu vermeiden, meint CDU-Fraktionssprecher Kohl, müssten sich beide Fraktionen deshalb im Vorfeld einigen. Viel Zeit dafür haben sie aber nicht. Bereits auf der Landtagssitzung am Mittwoch steht die Frage zur Abstimmung. Die DVU hat nämlich ihren ersten Antrag eingebracht – für eine Öffnung der Ausschüsse.